l. Die Methode und Technik der Versuche.



    Unter Apperzeptionsdauer sei der Definition des Herrn Prof. Wundt1) zufolge die zwischen der Perzeption und Apperzeption gelegene Zeit verstanden. Diese lässt sich direkt nicht messen, sondern reiht sich in die einzelnen Vorgänge ein, aus welchen ein Versuch zusammengesetzt ist und deren sich fünf unterscheiden lassen: l) die Leitung vom Sinnesorgan bis in das Gehirn, 2) der Eintritt in das Blickfeld des Bewusstseins oder die Perzeption, 3) der Eintritt in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit oder die Apperzeption, 4) die Willenszeit, welche erfordert wird, um im Zentralorgan die registrierende Bewegung auszulösen , 5) die Leitung der so entstandenen motorischen Erregung bis zu den Muskeln und das Anwachsen der Energie in denselben 2). Für unsere Zwecke handelt es sich nur um die unter 3) angeführte Zeit; es muss also eine Methode angegeben werden, sie aus dem Zusammenhange der übrigen zu trennen. Es scheint, dass nur ein Weg zum gewünschten Ziele führt, welcher darin besteht, dass man zunächst einen Versuch anstellt, in welchem alle fünf genannten Vorgänge enthalten sind, sodann einen zweiten, in welchem die Apperzeptionszeit ausfällt. Die Differenz der für beide Versuche erhaltenen Zeiten gibt offenbar die Apperzeptionszeit. Dabei macht man die Annahme, dass die Zeiten l), 2), 4), 5) in beiden Versuchen wenigstens annähernd dieselben seien, was insofern berechtigt ist, als man bei innerer Selbstbeobachtung sich durchaus keines Unterschiedes bewusst wird. Man könnte auch von vornherein auf die Isolation der Apperzeptionsdauer verzichten, wenn es sich um Vorstellungen desselben Gebietes, z. B. Zahlenvorstellungen handelt; und die ganzen physiologischen Zeiten (d. h. alle fünf Vorgänge zusammengenommen) derselben unter einander vergleichen. Unter der Voraussetzung, dass für Vorstellungen desselben Gebietes unter sonst gleichen Bedingungen die Zeiten l), 2), 4), 5) an Größe dieselben bleiben; hätte man es dann mit Zahlen zu tun, die sich von der absoluten Apperzeptionsdauer alle um einunddieselbe konstante Grösse unterscheiden. Die hier zu Grunde liegende Hypothese dürfte sich von der im ersten Falle angenommenen kaum unterscheiden.
 
 

1) Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie, l. Aufl. S. 727.

2) Ebend.
 
 

    Will man die absolute Apperzeptionsdauer bestimmen, so bleibt nur der zuerst angegebene Weg übrig. Aber schon beim ersten Schritte machen sich bedeutende Schwierigkeiten geltend, welche der Forderung entspringen, zwei Versuche so einzurichten, dass der eine sämtliche fünf Vorgänge der physiologischen Zeit, der andere nur die Zeiten l), 2), 4) und 5) enthalte, und so kann es nicht Wunder nehmen, dass gerade über diesen wichtigen Punkt der Untersuchung erhebliche Differenzen bei den einzelnen Beobachtern herrschen. Donders hat zuerst drei Versuchsmethoden angegeben, deren Unterschied wesentlich in der Verschiedenheit des Reaktionsaktes begründet ist und die sich kurz in folgender Weise darstellen lassen : a) auf einen dem Experimentierenden vorher bekannten Reiz wird so schnell wie möglich in bestimmter und stets gleicher Weise reagiert (einfache Reaktionsmethode), b) bei mehreren in unbekannter Sukzession erfolgenden Reizen wird für jeden derselben in anderer, vorherbestimmter Weise reagiert (mehrfache Wahlmethode), c) es wird bei mehreren in unbekannter Sukzession erfolgenden Reizen nur auf einen vorher bestimmten in bestimmter Weise reagiert (einfache3) Wahlmethode)4). Für Gesichtseindrücke war die mehrfache Wahlmethode dahin spezialisiert, dass nur zwei Farben unregelmäßig wechselten und auf die eine mit der rechten, auf die andre mit der linken Hand reagiert wurde 5). Je nachdem nun einundderselbe Reiz nach der unter a) oder b) oder c) angeführten Methode registriert wird, verfließen verschieden große Zeitintervalle vom Beginn des Reizes bis zur Vollziehung der Reaktion. Das größte dieser Intervalle gehört bei Donders' Versuchen der mehrfachen Wahlmethode an, das kleinste der einfachen Reaktionsmethode. Bildet man die Differenz entsprechender Intervalle der beiden genannten Methoden, so repräsentiert dieselbe die Dauer einer psychischen Tätigkeit, welche sich nach Donders' Meinung aus der Vorstellungsbildung und der zur Wahl des Signals erforderlichen Willenstätigkeit zusammensetzt. Dagegen soll die Differenz der mittelst der einfachen Reaktions- und einfachen Wahlmethode gefundenen Zeiten mit der Zeit der Vorstellungsbildung, d. h. mit der absoluten Apperzeptionsdauer zusammenfallen. Die gegen dieses Verfahren von Herrn Professor Wundt erhobenen Einwände6) scheinen bis jetzt nicht widerlegt zu sein, vielmehr durch unsre eigenen Versuche, auf die ich eingehender im zweiten Abschnitt zurückkomme, eine Bestätigung erfahren zu haben. Es liegen jedoch außer den Arbeiten von Donders und de Jaager spätere Versuche von v. Kries und Auerbach vor7), welche ebenfalls nach Donders' einfacher Wahlmethode angestellt sind und mich veranlassen, diesen Gegenstand hier etwas ausführlicher zu behandeln.

    3) Ausdrücklich bemerke ich, dass die Bezeichnungen »einfach« und »mehrfach» nur zur bequemen Unterscheidung dienen und sich nicht auf den betreffenden psychischen Akt selbst beziehen sollen. Von Donders, der den drei Methoden eine andere psychologische Interpretation gibt, sind dieselben als a-, b- und c-Methode bezeichnet worden.

    4) Donders, Archiv für Anatomie und Physiologie. 1868. S. 657 f.

    5) Donders a. a. O. S. 666 und de Jaager, De physiologische Tijd bij psychische Prozessen.

    6) Wundt, S. 744 f.

    7) Archiv für Anatomie und Physiologie. 1877. S. 297 ff.
 
 

    Die Zweifel an der Richtigkeit des Donders'schen Verfahrens richten sich gegen die Behauptung, dass die einfachen Wahlversuche von den einfachen Reaktionsversuchen nur durch das Hinzutreten einer gewissen Zeit sich auszeichneten, welche Donders »die Unterscheidungszeit« nennt und die nach seinen eigenen Worten mit der Erkennungszeit identisch ist8). Dagegen wird geltend gemacht, dass außer jener Unterscheidungszeit noch eine »Wahlzeit« hinzukomme, und dass überdies der Zustand des Bewusstseins im Ganzen ein anderer sein müsse bei den einfachen Wahlversuchen als bei den einfachen Reaktionsversuchen. Es kann nicht schwer fallen, sich von der Triftigkeit dieser Einwände zu überzeugen, wenn man sich den Unterschied der beiden Methoden genau vergegenwärtigt. Derselbe ist ein doppelter. Einmal besteht er darin, dass bei der einfachen Reaktionsmethode stets einundderselbe Reiz das Auge trifft, dagegen bei der einfachen Wahlmethode verschiedene Reize in unbekannter Reihenfolge nach einander apperzipiert werden. Der zweite nicht minder wichtige Unterschied betrifft den Umstand, dass bei der einen Methode in allen Fällen, bei der anderen nur auf einen von mehreren Reizen reagiert wird. Bei den Reaktionsversuchen beruht die Haupttätigkeit des Bewusstseins in der Spannung der Aufmerksamkeit und im Empfangen des Reizes, während die Reaktion bei einiger Übung, wenn der Versuch als gut bezeichnet werden soll, gewissermaßen von selbst erfolgt, d. h. es ist nur ein einziger geringer Willensimpuls nötig, um nach erfolgter Perzeption die Signalbewegung auszulösen9). Nicht so bei der Wahlmethode. Hier tritt nach der Bildung der Vorstellung eine Überlegung ein, ob zu reagieren sei oder nicht, eine Tätigkeit des Willens, welche von der Reproduktion abhängig ist. Die hierzu erforderliche Zeit hat Herr Professor Wundt »die Wahlzeit« genannt. Sie hat mit der eigentlichen Apperzeptionsdauer gar nichts gemein, denn sie verfließt, nachdem die Vorstellung bereits gebildet ist. Dass sie ziemlich groß ausfallen kann, liegt in der Natur der Sache. So bemerkte ich bei unsern eignen Versuchen häufig, dass ich nach erfolgter Apperzeption längere Zeit das Bild der Vorstellung im Bewusstsein trug, ehe es mir gelang, die an die betreffende Vorstellung geknüpfte Reaktionsweise zu reproduzieren, indem das Gedächtnis für einen kurzen Augenblick versagte und der Wille gleichsam gegen einen labilen Gleichgewichtszustand im Bewusstsein ankämpfte10).

    8) Archiv für Anatomie und Physiologie. 1868. S. 672.

    9) Vergl. a. Exner, Pflüger's Archiv, Band 11.

    10) Alle gegen die einfache Wahlmethode gerichteten Zweifel beziehen sich nur auf die Anwendung derselben bei Lichteindrücken, wogegen ich mich jedes Urteils über ihre Anwendbarkeit für andere Sinnesgebiete enthalte.
 
 

    Der andere Unterschied der einfachen Reaktions- und Wahlmethode beruht, wie bemerkt, darauf, dass bei der ersteren stets derselbe, bei der letzteren verschiedene Reize nach einander empfunden werden. Diesen Umstand darf man nicht übersehen, da er jedenfalls von Einfluss ist, wie später (s. S. 18, Abschn. 2 f.) näher erörtert wird.

    Um die angeführten Missstände der einfachen Wahlmethode möglichst zu vermeiden, bedienten wir uns bei unsern eigenen Versuchen stets einer und derselben Reaktionsweise, und das Prinzip der bei allen Untersuchungen befolgten Methode lautet: Es wird dem Reagierenden in einem ihm annähernd bekannten Zeitaugenblicke das vorher verdunkelte Objekt solange erleuchtet, bis er die Reaktion ausführt; welche stets in einundderselben Bewegung besteht. Wir benutzten dabei folgende Vorrichtungen und Apparate.

    In der einen Seitenwand eines aus Pappe gefertigten, ringsum geschlossenen Kastens (K)11) befand sich in passender Höhe eine runde Öffnung (o) von ungefähr 30 Millim. Durchmesser, vor welche der Reagierende beim Versuche sein rechtes Auge brachte. An der Innenseite des oberen, als Schieber eingerichteten und ausziehbaren Teiles der gegenüber befindlichen Seitenwand wurde durch zwei Messingfedern ein Blatt weißes Papier von 88 Millim. Höhe und 108 Millim. Breite befestigt (O), sodass es leicht durch ein anderes ersetzt werden konnte. In der Mitte des Blattes war dem Auge gerade gegenüber das zu erkennende Objekt (Farbe oder Zahl) aufgetragen. Die Entfernung desselben vom Auge betrug 250 Millim.
 

    11) Die Zeichnung gewährt eine obere Ansicht der beiden Arbeitstische und der auf denselben befindlichen Apparate.
 
 

    Um das Auge bereits vor der Beleuchtung des Objektes auf die richtige Entfernung einstellen zu können, war etwa 20 Millim. über dem Objekte eine kleine Öffnung im Schieber und im Papier angebracht, welche sich deutlich gegen das dunkle Innere des Kastens abhob.

    Zwischen dem Auge und dem Objekte befand sich unterhalb der Sehlinie eine Geissler'sche Rohre (G), welche das Objekt (O) hinreichend beleuchtete, ohne direkt Licht in das Auge zu senden. Die Zeit wurde durch ein Hipp'sches Chronoscop (Ch) gemessen, dessen Zeigerwerk bekanntlich solange spielt, als der durch den Elektromagneten des Uhrwerks zirkulierende Strom geöffnet ist. Der Versuch war so eingerichtet, dass zuerst vom Ablesenden12) gleichzeitig das Objekt beleuchtet und das Zeigerwerk der Uhr ausgelöst wurde, und dass bei erfolgender Reaktion der Reagierende gleichzeitig das Zeigerwerk anhielt und die Beleuchtung aufhob. Dazu bedurfte es eines Induktionsstromes (I) für die Greissler'sche Röhre und eines gewöhnlichen Stromes für das Uhrwerk, welcher letztere sich in eine Haupt- (H) und Nebenleitung (N) verzweigte. Da der Induktionstrom und der genannte Hauptstrom einmal vom Ablesenden gleichzeitig geschlossen, das andre Mal vom Reagierenden gleichzeitig geöffnet werden mussten; so waren zwei Stromunterbrecher (U und V) nötig, mit welchen man gleichzeitig zwei Ströme schließen resp. öffnen konnte. Der Induktionsstrom wurde mittelst eines Ruhmkorff'schen Induktors (R) erzeugt, zu welchem eine Thermosäule den induzierenden Strom (Th) lieferte. Der gewöhnliche Strom für das Uhrwerk, herrührend von zwei Daniell'schen Elementen (D); teilte sich, wie bemerkt, in zwei Stromkreise, deren einer, der Nebenstrom (N), durch das Chronoscop, einen Rheochord (Rh) und ein Galvanoscop (Gs) ohne Unterbrechung verlief, während der Hauptstrom an zwei Stellen (U und V vom Reagierenden und vom Ablesenden) geöffnet werden konnte. Die Widerstände der beiden Stromkreise wurden durch den Rheochord so reguliert, dass beim Schließen der beiden Kreise die Intensität das Nebenstromes nicht hinreichte, das Zeigerwerk auszuschalten, letzteres vielmehr nur dann geschah, wenn man den Hauptstrom unterbrach. Der Unterbrecher (U) des Reagierenden war ähnlich den beim Telegraphieren üblichen Schlüsseln eingerichtet. Durch Niederdrücken eines Hebels wurde sowohl der Induktionsstrom als der Hauptstrom geschlossen, beim Nachlassen des Druckes beide schnell durch eine Feder, welche den Hebel emporhob, geöffnet. Der Unterbrecher (V) des Ablesenden war ein gewöhnlicher Ruhmkorff’scher Stromwender.
 
 

    l2) Der Ablesende hat die zu messenden Zeiten am Chronoscop abzulesen und niederzuschreiben.
 
 

    Sollte ein Versuch stattfinden, so brachte der Reagierende sein Auge in die angegebene Lage und drückte mit der rechten Hand den Hebel seines Unterbrechers (U) nieder. Dann setzte der Ablesende das Uhrwerk in Gang und schloss darauf seinen Unterbrecher (V), wodurch gleichzeitig der Induktionsstrom (I) und der Hauptstrom (B) geschlossen, also gleichzeitig das Objekt (O) beleuchtet und das Zeigerwerk in Gang gesetzt wurde. Sobald der Reagierende die Beobachtung vollzogen hatte, entfernte er die Hand vom Hebel seines Unterbrechers, womit er den Inductionsstrom und den Hauptstrom öffnete, also die Beleuchtung des Objektes aufhob und das Zeigerwerk ausschaltete. Der Stand der Zeiger am Chronoscop vor und nach einem Versuche gab dann die Zeit an, welche vom Anbeginn des erteilten Reizes bis zur erfolgten Reaktion verflossen war.

    Wie aus der Beschreibung hervorgeht, weicht unsere Versuchsanordnung zum Teil noch in zwei andern Punkten von der andrer Beobachter ab, nämlich durch das Fehlen eines Avertissements und durch die Beleuchtung. Eine Art Avertissement bestand allerdings darin, dass die Feder des Chronoscops beim Ingangsetzen desselben ein klirrendes Geräusch verursachte. Doch war absichtlich die Zeit vom Beginn dieses Geräusches bis zur erfolgenden Beleuchtung ganz der Willkür des Ablesenden überlassen und fiel deshalb bald kürzer bald länger aus. Die Befürchtung, dass durch ein derartiges Verfahren die Spannung der Aufmerksamkeit des Reagierenden eine zu ungleiche sei, um gut übereinstimmende Resultate zu erreichen, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr zeigte sich, dass die Spannung der Aufmerksamkeit eine normal zu nennende, d. h. nicht zu hohe war, und ganz sicher waren voreilige Reaktionen vermieden, welche, wie es scheint, durch ein Avertissement veranlasst werden, selbst wenn es nur in annähernd gleichen Zeiten erfolgt13).
 
 

    13) In der Abhandlung von v. Kries und Auerbach ist ausdrücklich bemerkt, dass bei den einfachen Wahlversuchen Reaktionen an falscher Stelle eintraten, leider aber die Anzahl der falschen gegenüber den richtigen nicht angegeben.
 
 

    Was die Art des Lichtreizes betrifft, so bestand dieselbe bei andern Beobachtern häufig in dem momentanen Aufblitzen eines elektrischen Funkens. So bei Donders, Exner und v. Kries und Auerbach, während de Jaager und Exner (in früheren Versuchen14)) dauernde Beleuchtung anwenden. Handelt es sich darum, auf einen Lichteindruck möglichst schnell zu reagieren, ohne dass es nötig ist, ein Objekt zu erkennen, so ist wohl der elektrische Funke seiner Lichtintensität und Einfachheit halber der geeignetste Reiz. Aber schon beim Erkennen einer Farbenempfindung stellt sich wie von selbst die Forderung, den Reiz solange wirken zu lassen, bis die Vorstellung wirklich gebildet ist, da sonst die Gefahr, letztere aus dem Erinnerungsbilde zu konstruieren, kaum vermieden werden kann, und beim Erkennen zusammengesetzter Vorstellungen würde die Funkenbeleuchtung gar nicht anwendbar sein.
 
 

                13) In der Abhandlung von v. Kries und Auerbach ist ausdrücklich bemerkt, dass bei den einfachen Wahlversuchen Reaktionen an falscher Stelle eintraten, leider aber die Anzahl der falschen gegenüber den richtigen nicht angegeben.

 14) Über die zu einer Gesichtswahrnehmung nötige Zeit. Wien, Sitzungsberichte. Jahrg. 1868. S. 601 f.
 
 
    Es scheint, dass durch die Benutzung des Erinnerungsbildes zur Bildung der Vorstellung die Dauer der physiologischen Zeit verkürzt wird, eine Behauptung, die sich auf die Tatsache stützt, dass bei einem plötzlich erfolgenden, dauernden Lichteindrucke das Auge eine gewisse Zeit zur Adaption, zur vollen Bildung des Lichteindruckes braucht. Über diesen Gegenstand findet sich von Kunckel15) eine Abhandlung vor, in welcher die fragliche Zeit zu 0,18 Sek. angegeben ist. Diese Zahl ist jedenfalls nicht mehr gültig, wenn sofort bei der ersten Lichtempfindung reagiert wird, ohne dem Auge Zeit zu lassen, sich völlig zu adaptieren, da es nicht wahrscheinlich ist, dass diese ganze Zeit verfließen muss, namentlich nicht bei einfachen Unterscheidungen. Auch ist es zweifelhaft, ob die Zeit des Ansteigens der Erregung bis zu dem Maximum als »Adaptionszeit« bezeichnet werden darf.
 

    15) Über die Abhängigkeit der Farbenempfindung von der Zeit. Pflügers Archiv, 1874. Bd. 9. S. 197 ff.
 

    Das Fehlen der Adaptionszeit und die Gewöhnung an ein Avertissement sind wahrscheinlich die Ursache der außerordentlich kleinen Zeiträume, die v. Kries und Auerbach bei ihren Versuchen erhielten, denen nicht nur unsre Versuche gegenüber stehen, sondern auch die Resultate de Jaagers, der bei dauernder Beleuchtung nach der mehrfachen Wahlmethode den unsrigen ähnliche Zahlen erhielt.