Beilage II.

Maße und Verfertigung von Resonatoren.

Zu Seite 75.

Am wirksamsten sind die Resonatoren von kugelförmiger Gestalt mit kurzem trichterförmigen Halse, den man in das Ohr einsetzt, wie Fig. 16 a S. 73. Der Vorzug dieser Resonatoren beruht teils darauf, dass ihre übrigen eigenen Töne sehr weit entfernt vom Grundton sind und nur eine geringe Verstärkung empfangen, teils darauf, dass die Kugelform die kräftigste Resonanz gibt. Aber die Wandungen der Kugel müssen fest und glatt sein, um den kräftigen Lüftschwingungen im Innern den nötigen Widerstand leisten zu können, und um die Bewegung der Luft so wenig wie möglich durch Reibung zu stören. Anfangs benutzte ich kugelförmige Glasgefäße, wie ich sie eben vorfand, Retortenvorlagen zum Beispiel, in. deren eine Mündung ich ein der Ohröffnung angepasstes Glasrohr einsetzte. Dann hat mir Herr R. Koenig (Verfertiger akustischer Instrumente, Paris) eine abgestimmte Reihe solcher Glaskugeln verfertigt, und diese später aus Messing treiben lassen in der Form, welche in Figur 16 a auf Seite 73 dargestellt ist. Dies ist die zweckmäßigste Form der Resonatoren. Ihre Tonhöhe kann, wenn die Öffnungen verhältnismäßig sehr eng sind, nach der von mir1) entwickelten Formel berechnet werden:

,

wo a die Schallgeschwindigkeit ist, s die Fläche der kreisförmigen Öffnung und S das Volumen des Hohlraums. Oder wenn wir für a den Wert nehmen

a = 332 260 mm,

der der Temperatur von 0° bei trockener Luft entspricht, so ergibt dies

Herr Sondhauss hatte dieselbe Formel empirisch gefunden und nur den Zahlenkoeffizienten gleich 52400 bestimmt, ein Wert, der sich für Kugeln mit nicht ganz kleinen Öffnungen besser den Versuchen anschließt. Wenn der Durchmesser der Öffnung kleiner als 1/10 vom Durchmesser der Kugel ist, stimmt die theoretisch abgeleitete Formel gut mit Versuchen von Wertheim. Bei Resonatoren, deren Mündung zwischen 1/4 und 1/5 vom Durchmesser der Kugel hat, ist der Koeffizient empirisch von mir bis zu 47000 gefunden worden. Die zweite Öffnung des Resonators kann als geschlossen betrachtet werden, da sie fest an das Ohr gesetzt wird. Ist der Hohlraum kugelförmig vom Radius R und r der Radius der Öffnung, so wird die obige Formel:

.



Ich gebe hier noch das Verzeichnis der Maße einiger meiner Glasresonatoren:
 

Tonhöhe
Durchmesser der Kugel in Millimetern
Durchmesser der Öffnung in Millimetern
Volumen des Hohlraumes in Kubikzentimetern
Bemerkungen
l) g
154
35,5
1773
 
 
 

Hals trichterförmig
 
 
 
 
 
 

 

2) b
131
28,5
1092
3) c'
130
30,2
1053
4) e'
115
30
546
5) g'
79
18,5
235
6) b'
76
22
214
7) c"
70
20,5
162
8) b'
53,5
8
74
Hals zylindrisch
9) b"
46
15
49
Ebenso; Öffnung seitlich
10) d"'
43
15
37
Hals zylindrisch

 

1) Theorie der Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden im Journal für reine u. angew. Mathematik, Bd. 57, Gleichung 30 a u. ff.; Wiss. Abh. Bd. I, S. 378 u. f.

2) [Der neuere Wert a = 330 600 mm würde 55 892 als Koeffizienten ergeben.]
 
 

Kleinere Kugeln fand ich nicht mehr gut anwendbar. Um die Resonatoren stimmbar zu machen, hat Herr Koenig sie auch aus zwei in einander verschiebbaren kurzen Zylindern hergestellt, deren jeder am äußeren Ende mit einem durchbohrten Deckel versehen ist. Die eine Öffnung dient zur Verbindung mit dem Ohre oder einer mitschwingenden Flamme (s. unten), die andere ist frei3). Als Maße für die Anfertigung solcher Röhren können die in Beilage IV gegebenen dienen, da die zweite Öffnung nichts ändert, wenn sie fest in das Ohr eingesetzt ist.

3) Poggendorf'f's Annalen, Bd. 146, S. 189.
 
 
Da die Metallkugeln mühsam anzufertigen und daher verhältnismäßig teuer sind, kann man auch Doppelkegel aus Blech oder Pappe anwenden, deren Spitzen weggenommen sind. Der gegen das Ohr gewendete Kegel wird spitzer gemacht, so dass sein Ende gut in das Ohr passt.

Leicht herzustellen und für die meisten Anwendungen sehr brauchbar sind auch konische Röhren aus dünnem Zinkblech, wie mir Herr Appun in Hanau geliefert hat. Die letzteren verstärken aber gleichzeitig auch alle harmonischen Obertöne ihres Grundtones. Ihre Länge ist nahehin gleich zu machen der der offenen Orgelpfeifen von derselben Tonhöhe.

Die Resonatoren, deren Öffnung sehr eng ist, geben im Allgemeinen eine viel bedeutendere Verstärkung des Tones, aber es wird auch eine desto genauere Übereinstimmung der Tonhöhe des zu hörenden Tones mit. dem Eigenton des Resonators notwendig. Es ist wie bei den Mikroskopen; je stärker die Vergrößerung, desto kleiner das Gesichtsfeld. Durch Verengerung der Öffnung macht man die Resonatoren gleichzeitig tiefer, und es ist dies ein leichtes Mittel, um sie auf die verlangte Tonhöhe zu bringen. Aber aus dem angegebenen Grunde darf man die Öffnung nicht zu sehr verengern.

Zu erwähnen ist hier noch die von Herrn Koenig erfundene Methode, Luftschwingungen auf Gasflammen zu übertragen und dadurch sichtbar zu machen. Solche Flammen lassen sich sehr gut mit Resonatoren verbinden, am besten mit solchen, deren Form kugelig ist, und die zwei gleich weite Öffnungen haben. An die eine dieser Öffnungen wird die kleine Gaskammer angefügt. Diese Kammer ist ein kleiner flacher Hohlraum, etwa so groß, dass zwei Frankenstücke darin auf einander liegen können; sie ist in eine Holzscheibe eingeschnitten und an der dem Resonator zugekehrten Seite durch eine sehr dünne Kautschukmembran geschlossen, welche zwar die Luft des Resonators von dem Gas der Kammer vollständig trennt, aber doch erlaubt, dass die Erschütterungen der ersteren sich dem letzteren ungehindert mitteilen. Durch die Holzscheibe treten zwei enge Röhren in die Kammer, von denen die eine das Leuchtgas einführt, die andere ausführt. Letzteres endet in eine feine Spitze, an der man das ausströmende Gas anzündet. Sowie die Luftmasse im Resonator in Schwingung gerät, zittert auch die Flamme, indem sie abwechselnd klein und groß wird. Diese Oszillationen der Flamme geschehen freilich so schnell und regelmäßig, dass unmittelbar betrachtet die Flamme ganz ruhig erscheint. Doch kann man den veränderten Zustand derselben zunächst schon an ihrer veränderten Gestalt und Farbe erkennen. Um zum Beispiel Schwebungen zweier im Resonator widerhallender Töne zu erkennen, genügt schon der unmittelbare Anblick der Flamme, indem diese dabei zwischen ihrer ruhenden und ihrer oszillierenden Form wechselt.

Will man die einzelnen Oszillationen sehen, so muss man die Flamme in einem rotierenden Spiegel betrachten, in welchem die nicht zitternde Flamme zu einem langen gleichmäßigen Lichtstreifen ausgezogen erscheint, die zitternde dagegen in eine Reihe einzelner Lichtbildchen getrennt. So kann man es einer großen Anzahl von Zuhörern gleichzeitig wahrnehmbar machen, ob ein gegebener Ton den Resonator erregt oder nicht.

Ein äußerst empfindliches Mittel, die Schwingungen der Luft in einem Resonator sichtbar zu machen, ist ein flaches Flüssigkeitshäutchen aus glycerinhaltigem Seifenwasser, mit dem man seine Öffnung überzieht.