Beilage IV.

Herstellung einfacher Töne durch Resonanz.

Zu Seite 95 und 119.

Die Theorie der Resonanz lufthaltiger Röhren und Hohlräume, so weit. sie bisher mathematisch ausführbar erschien, habe ich gegeben in meinem Aufsatze: Theorie der Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden, in Crelle's Journal für Mathematik Bd. LVII. Eine Vergleichung der Obertöne von Stimmgabeln und dazu gehörigen Resonanzröhren findet sich in meinem Aufsatze: Über Kombinationstöne in Poggendorff's Annalen Bd. XCIX, S. 509 und 510 1).

1) Die dort erwähnten harmonischen Obertöne der in der Nähe einer Stimmgabel schwingenden Luft sind auch von Herrn Stefan (Sitzungsber. d. Wiener Akad. Bd. LXI, 2. Abth., S. 491 bis 498) und von Herrn Quincke (Poggendorff's Annalen Bd. 28) mit dem Interferenzapparate beobachtet. Wiss. Abh. Bd. I, S. 303 und Bd. I, S. 263.

Ich füge hier gleich die Maße der S. 95 erwähnten Resonanzröhren hinzu, welche für mich von Herrn Fessel in Köln in Verbindung mit den später zu besehreibenden elektromagnetisch bewegten Stimmgabeln verfertigt waren. Dies waren zylindrische Röhren von Pappe; die Grundflächen des Zylinders waren ans Scheiben von Zinkblech gemacht, die eine ganz verschlossen, die andere mit einer runden Öffnung versehen. Diese Röhren hatten also überhaupt nur eine Öffnung, nicht zwei, wie die Resonatoren, welche bestimmt sind, an das Ohr gesetzt zu werden. Eine fertige Resonanzröhre solcher Art kann man tiefer machen, wenn man ihre Öffnung verengert. Um sie, wo es nötig war, höher zu machen, habe ich etwas Wachs hineingeworfen, und ihre geschlossene Grundfläche auf einen heißen Ofen gestellt, bis das Wachs geschmolzen war und sich über den Boden gleichmäßig ausgebreitet hatte. Man läßt es dann in derselben Stellung der Röhre erkalten. Ob eine Röhre etwa zu hoch oder zu tief für ihre Stimmgabel ist, prüft man, indem man ihre Öffnung ein wenig verdeckt, während die schwingende Stimmgabel vor ihr steht. Wird die Resonanz stärker durch Zudecken, so ist die Röhre zu hoch gestimmt. Fängt dagegen gleich vom Beginn des Zudeckens die Resonanz an sehr entschieden abzunehmen, so ist die Röhre meist etwas zu tief gestimmt. Die Maße in Millimetern sind folgende:
 

Nro. Tonhöhe Länge der Röhre Durchmesser der Röhre Durchmesser der Öffnung
l B 425 138 31,5
2 b 210 82 23,5
8 f’ 117 65 16
4 b’ 88 55 14,3
5 d" 58 55 14
6 f" 53 44 12,5
7 as" 50 39 11,2
8 b" 40 39 11,5
9 d"’ 35 30,5 10,3
10 f"’ 26 .26 8,5

 

Die Theorie des Mitschwingens der Saiten läßt sich am besten an dem Seite 95 besprochenen Versuche entwickeln. Wir behalten die in Beilage III gewählten Bezeichnungen bei, und nehmen an, daß das Ende der Saite, für welches x = 0, mit dem Stiel der Stimmgabel verbunden sei und dessen Bewegung mitmachen müsse. Diese sei gegeben durch die Gleichung

y = A sin m t für x = 0 .......…………………………. (6) Das andere Ende sei auf den Steg gestützt, der auf dem Resonanzboden ruht. Auf den Steg wirken folgende Kräfte:

1) Der Druck der Saite, welcher bald größer, bald kleiner wird, je nach dem Winke], unter welchem das Endstück der Saite gegen den Steg gerichtet ist. Die Tangente des Winkels, welcher zwischen der veränderlichen Richtung der Saite und ihrer Gleichgewichtslage eingeschlossen ist, ist , und wir können deshalb den veränderlichen Teil des Druckes setzen gleich

für den Wert x = l, wenn der Steg auf Seite der negativen y liegt.

2) Die elastische Kraft des Resonanzbodens, welche den Steg in seine Gleichgewichtslage zurückzuführen strebt, können wir setzen gleich - f2 y.

3) Der Resonanzboden, der sich mit dem Stege bewegt, erleidet Widerstand von der Luft, an die er einen Teil seiner Bewegung abgibt; wir können annähernd den Luftwiderstand der Geschwindigkeit seiner Bewegung proportional setzen, also gleich .

Dadurch erhalten wir für die Bewegung des Steges, dessen Masse M sein mag, und für die entsprechende des darauf ruhenden Endes der Saite:

für x = 1 ..............................(6a) Für die Bewegung der übrigen Punkte der Saite haben wir, wie in Beilage III, die Bedingung: .......................................................................(1) Da jede Bewegung einer solchen Saite fortdauernd teilweise an die Luft im Resonanzkasten abgegeben wird, so muß sie erlöschen, wenn sie nicht durch eine dauernde Ursache dauernd unterhalten wird. Wir können also von dem veränderlichen Anfangszustande der Bewegung absehen, und gleich diejenige periodische Bewegung suchen, welche schließlich bestehen bleibt unter dem Einflusse der periodischen Erschütterung des einen Endes der Saite durch die Stimmgabel. Daß die Periode der Saitenbewegung der Periode der Schwingungen der Gabel gleich sein muß, ist leicht ersichtlich. Das Integral der Gleichung (l), welches wir suchen, wird also von der Form sein müssen: y = D cos (px) sin (mt) + E cos (px) cos (mt)

+ F sin (px) sin (mt) + G sin (px) cos (mt)………………..(7)


Um die Gleichung (l) zu erfüllen muß hierin sein:

 
m m2 = S p2 .................……………………………................(7a)
Aus der Gleichung (7) ergibt sich für x = 0 folgender Wert von y: y = D sin (mt) + E cos (m t), durch Vergleichung mit der Gleichung (6) erhalten wir hieraus D = A E = 0 ............……………………..................................(8) Die beiden andern Koeffizienten der Gleichung (7), nämlich F und G, müssen vermittels der Gleichung (6a) bestimmt werden. Diese zerfallt bei Substitution der Werte von y aus (7) in zwei Gleichungen, indem man die Summe der mit sin (mt) multiplizierten Glieder für sich gleich Null setzen muß, und ebenso die Summe der mit cos (mt) multiplizierten Glieder. Diese beiden Gleichungen sind: F [(f 2 - Mm2) sin (pl) + pS cos (pl)] — G mg2 sin (pl)

= - A[(f 2 - Mm2) cos pl - pS sin(pl)]                               (8a)

Fmg2sin (pl) + G [(f 2 - Mm2) sin (pl) + pS cos (pl)] = - Ag2m cos(pl)
 
 

Setzt man zur Abkürzung                                                              (8b)
(f 2M m2 )2 + p 2 S 2 = C2
so erhält man die Werte von F und G wie folgt:                          (8c)


 
 

Wenn man die Amplitude der Schwingung des Endpunktes der Saite, welcher auf dem Stege liegt und den Resonanzboden erschüttert, mit I bezeichnet, so ist nach Gleichung (7) I 2 = [F sin (pl) + A cos (pl)]2 + G2 sin2 (pl), und wenn man die Werte für F und G aus (8c) hierein setzt, so erhält man .................................................(9) Der Zähler dieses Ausdrucks ist unabhängig von der Länge der Saite. Ändert man diese Länge, so kann sich nur der Nenner verändern. Unter dem Wurzelzeichen steht hier die Summe zweier Quadrate, welche nicht Null werden kann, da die Größen m, g, p, S und daher auch k nicht Null werden können. Der Koeffizient g des Luftwiderstandes ist jedenfalls als eine verschwindend kleine Größe zu betrachten. Es erreicht also der Nenner seinen kleinsten und I seinen größten Wert, wenn sin (pl + k) = 0 oder wenn p l = a p - k ..............…………………………………………..(9a) worin a eine beliebige ganze Zahl bedeutet. Der Wert des Maximums von I ist . Er ist also unter übrigens gleichen Umständen um so größer, je kleiner g, der Koeffizient des Luftwiderstandes, ist, und je größer C ist. Um übersehen zu können, von welchen Umständen die Größe von C abhängt, setzen wir in die zweite der Gleichungen (8b), wo der Wert von C definiert ist, den Wert von p2 aus (7a), und setzen außerdem , so ist C 2 = M 2 (n2 - m2)2 + S mm2. Die Größe n ist die Zahl der Schwingungen, welche der Steg in 2p Secunden unter dem Einfluß des elastischen Resonanzbodens allein machen würde, wenn die Saite und der Luftwiderstand wegfiele; m bedeutet dieselbe Zahl von Schwingungen für die Stimmgabel. So kann man den Maximalwert von I nun schreiben: , worin alles auf die Gewichte M, S, m, und die Größe des Intervalls l -  zurückgeführt ist.

Wenn m > n, was in der Kegel der Fall sein wird, so ist es vorteilhaft, das Gewicht des Steges M ziemlich groß zu machen. Ich habe ihn deshalb aus Kupferblech verfertigt. Wenn M sehr groß ist, wird k [nach (8b)] sehr klein, und die Gleichung (9 a) ergibt dann, daß die verschiedenen Töne stärkster Resonanz sich desto mehr denjenigen Wert en nähern, welche der Reihe der einfachen ganzen Zahlen entsprechen. Je schwerer der Steg, desto besser ist die Saite abgegrenzt.

Die hier gegebenen Regeln über den Einfluß des Steges gelten aber zunächst nur für die angegebene Art der Erschütterung durch eine Stimmgabel, nicht für andere Arten, die Saite zu erregen.