Sechster Abschnitt.

Über die Wahrnehmung der Klangfarben.

Wir haben bisher nur gegebene Klänge zu analysieren gesucht, indem wir bestimmten, welche Unterschiede in der Zahl und Stärke ihrer Obertöne sie darbieten. Ehe wir die Rolle des Ohres bei der Auffassung der Klangfarbe genauer bestimmen können, ist es nun nötig zu untersuchen, ob für die Wahrnehmung einer bestimmten musikalischen Klangfarbe es ausreicht, daß die Obertöne eine bestimmte Stärke haben, oder ob auch von dieser unabhängig noch andere Unterschiede der Klangfarbe existieren und wahrgenommen werden können. Da wir uns zunächst nur mit musikalischen Klängen beschäftigen, d. h. solchen, die durch eine genau periodische Luftbewegung hervorgebracht werden, und alle unregelmäßigen Luftbewegungen, die als Geräusch erscheinen, ausschließen, so läßt diese Frage eine noch bestimmtere Begrenzung zu. Denken wir uns nämlich die Luftbewegung des gegebenen Klanges zerlegt in eine Summe von pendelartigen Luftschwingungen, so ist nicht nur die Stärke aller dieser einzelnen pendelartigen Schwingungen nach der Form der Gesamtbewegung verschieden, sondern auch ihre Stellung zu einander, nach physikalischem Ausdruck, ihr Phasenunterschied. Setzen wir z.B. die beiden pendelartigen Schwingungen A und B, Fig. 31, zusammen, so daß einmal der Punkt e der Kurve B gelegt wird auf den Punkt do der Kurve A, dann auf d1, so erhalten wir die beiden ganz verschiedenen Schwingungsformen C und D. Durch Verlegung des Anfangspunktes e auf d2 oder d3 erhalten wir noch andere Formen, welche Umkehrungen der Formen C und D sind, wie, schon oben S. 52 erörtert ist. Wenn nun die Klangfarbe nur von der Stärke der Obertöne abhängt, so müssen die Bewegungen CD etc. alle auf das Ohr genau den gleichen Eindruck machen. Wenn es aber auch auf die Stellung der beiden Wellen zu einander, oder auf ihren Phasenunterschied ankommt, so werden sie verschiedenen Eindruck auf das Ohr machen.

Um nun darüber zu entscheiden, ob dies der Fall sei oder nicht, war es nötig, verschiedene Klänge geradezu aus einfachen Tönen zusammenzusetzen und zu sehen, ob die Abänderung des Phasenunterschiedes bei gleichbleibender Stärke der Obertöne Änderungen des Klanges zur Folge hat. Einfache Töne von großer Reinheit, die in ihrer Stärke und ihrem Phasenunterschiede genau reguliert werden können, erhält man am besten durch Stimmgabeln, deren Ton durch eine Resonanzröhre, wie es schon früher beschrieben ist, verstärkt und an die Luftmasse übertragen wird. Um die Stimmgabeln dauernd in eine sehr gleichmäßige Bewegung zu versetzen, wurden sie zwischen die Schenkel kleiner Elektromagnete gestellt, in der Weise, wie in Fig. 32 abgebildet ist. Eine jede Stimmgabel a war in ein besonderes Brettchen dd eingeschraubt, welches auf untergeklebten Stückchen von Gummischläuchen ee ruhte, um zu verhindern, daß die Schwingungen der Gabel direkt an den Tisch übertragen und dadurch hörbar würden. Die mit Drahtwindungen umgebenen Schenkel des Elektromagneten sind mit bb bezeichnet, seine Pole, die der Stimmgabel zugewendet sind, mit f. Auf dem horizontalen Brettchen dd befinden sich zwei Klemmschrauben g, die mit den Drahtwindungen des Elektromagneten in leitender Verbindung stehen und dazu dienen, andere Drähte aufzunehmen, durch welche elektrische Ströme zugeleitet werden können. Um die Gabeln in lebhafte Schwingung zu versetzen, müssen diese Ströme von periodisch wechselnder Stärke sein. Zu ihrer Erzeugung dient ein besonderer Apparat, welcher unten beschrieben werden wird.

Wenn bei dieser Einrichtung die Gabeln in Schwingung versetzt werden, hört man außerordentlich wenig von ihrem Ton, weil sie wenig Gelegenheit haben, ihre Schwingungen der Luftmasse oder den umliegenden fegten Körpern mitzuteilen. Soll der Ton stark gehört werden, so muß den Gabeln die Resonanzröhre i genähert werden, welche auf den Ton der Gabel abgestimmt ist. Diese Resonanzröhre ist auf einem Brettchen k befestigt, welches in einem passenden Einschnitte des Brettes dd verschoben werden kann, um die Mündung der Röhre der Gabel möglichst zu nähern. In der Zeichnung ist die Röhre von der Gabel entfernt dargestellt worden, um die einzelnen Teile deutlicher zu zeigen; beim Gebrauche wird sie so dicht wie möglich herangeschoben. Die Mündung der Resonanzröhre ist durch ein Deckelchen l geschlossen, welches an einem Hebel m sitzt. Zieht man an dem Faden m, so wird der Deckel vor der Öffnung fortgezogen, und der Ton der Gabel wird nun kräftig der Luft mitgeteilt. Läßt man den Faden n nach, so wird das Deckelchen durch die Feder p wieder vor die Öffnung der Röhre geschoben, und der Ton der Gabel wird nicht mehr vernommen. Indem man die Mündung der Röhre nur teilweise öffnet, kann man dem Tone der Gabel jede beliebige geringere Stärke geben. Sämtliche Fäden, welche die Resonanzröhren der verschiedenen Gabeln öffnen, sind übrigens zu einer kleinen Klaviatur geleitet und mit deren Tasten so verbunden, daß wenn man eine Taste niederdrückt, die betreffende Resonanzröhre geöffnet wird.

Ich habe zuerst acht solche Gabeln zur Verfügung gehabt, welche dem Tone B und den sieben ersten harmonischen Obertönen desselben (b, f', b’, d", f'', as" und b") entsprachen. Jener Grundton entspricht etwa der Tonlage, in der Baßstimmen zu sprechen pflegen; später habe ich noch Gabeln für die Töne d'",f'", as'" und b'" machen lassen und den Ton b als Grundton des Klanges genommen.

Um die Gabeln in Bewegung zu setzen, werden intermittierende elektrische Ströme gebraucht, die man durch die Drahtwindungen der Elektromagnete leitet, und zwar muß die Zahl der elektrischen Stromstöße genau ebenso groß sein wie die Zahl der Schwingungen der tiefsten Gabel B, nämlich 120 in der Sekunde. Jeder Stromstoß macht für einen Augenblick das Eisen des Elektromagneten bb magnetisch, so daß es die Zinken der Gabeln, welche selbst dauernd magnetisch gemacht sind, anzieht. Die Zinken der tiefsten Gabel B werden so bei jeder Schwingung einmal für kurze Zeit von den Polen des Elektromagneten angezogen, die Zinken der zweiten Gabel b, welche doppelt so viel Schwingungen macht, bei jeder zweiten Schwingung einmal etc., und dadurch werden die Schwingungen der Gabeln sowohl hervorgerufen, als auch dauernd unterhalten, so lange man eben die elektrischen Ströme durch den Apparat gehen läßt. Die Schwingungen der tieferen Gabeln sind dabei sehr heftig, die der höheren verhältnismäßig schwach.

Um solche intermittierende Ströme von genau bestimmter Periodizität hervorzurufen, dient der in Fig. 33 abgebildete Apparat. Eine horizontal befestigte Stimmgabel a steht zwischen den Schenkeln eines Elektromagneten bb; ihre Enden tragen zwei Platindrähte cc, die in zwei halb mit Quecksilber, halb mit Alkohol gefüllte Näpfchen d tauchen, welche die oberen Enden zweier messingnen Säulen bilden. Die Säulen haben Klemmschrauben i,, die Drähte aufzunehmen, und stehen auf zwei Brettchen fg, die um eine Achse bei f drehbar sind und einzeln durch eine Stellschraube bei g etwas gehoben und gesenkt werden können. Man stellt sie genau so ein, daß die Spitzen der Platindrähte cc das Quecksilber in den Gefäßen d unter dem Alkohol gerade berühren. Eine dritte Klemmschraube e ist mit dem Griff der Stimmgabel leitend verbunden. Wenn die Gabel schwingt und ein elektrischer Strom durch sie von i nach e geleitet wird, so wird dieser so oft unterbrochen, als sich das Ende der Gabel a aus dem Quecksilber des Näpfchens d hebt, und so oft wieder hergestellt, als der Platindraht wieder in das Quecksilber eintaucht. Wenn der so intermittierende Strom nun gleichzeitig durch den Elektromagneten bb, Fig. 33, geleitet wird, so erhält dieser, indem er so oft magnetisch wird, als der Strom durch ihn läuft, die selbst magnetische Gabel a in Schwingung. In der Regel wird nur eines der Näpfchen d zur Zuleitung des Stromes gebraucht. Alkohol wird über das Quecksilber gegossen, um zu vermeiden, daß das Quecksilber durch die bei der Unterbrechung des Stromes entstehenden elektrischen Funken verbrannt wird. Es ist diese Art der Stromunterbrechung von Neef erfunden worden; derselbe benutzte eine einfache schwingende Feder statt der Stimmgabel, eine Einrichtung, die sich an den zu medizinischen Zwecken viel gebrauchten Induktionsapparaten meistenteils vorfindet. Die Schwingungen einer Feder teilen sich aber allen benachbarten Körpern mit, sind deshalb für unsere Zwecke zu hörbar und außerdem zu unregelmäßig. Ich fand es deshalb nötig, statt der Feder eine Stimmgabel anzuwenden. Der Stiel einer recht symmetrisch gearbeiteten Stimmgabel wird durch die Schwingungen der Gabel außerordentlich wenig erschüttert und setzt deshalb auch die mit ihm verbundenen anderen Körper nicht in so kräftige Erschütterung, wie das befestigte Ende einer geraden Feder es tut. Die Stimmgabel des zuletzt beschriebenen Apparates muß im genauen Einklange mit der des Grundtons B sein; um diesen erhalten zu können, habe ich eine kleine Klemme h aus starkem Stahldraht benutzt, welche auf der einen Zinke sitzt. Schiebt man diese nach dem freien Ende der Zinke hin, so wird der Ton der Gabel tiefer, schiebt man sie gegen den Stiel der Gabel, so wird der Ton höher1).

1) Der Apparat ist von Fessel in Köln gearbeitet; genauere Beschreibungen einzelner seiner Teile und Anweisungen für die damit auszuführenden Versuche sind in Beilage VIII gegeben.

Ist der ganze Apparat in Gang gebracht bei geschlossenen Resonanzröhren, so sind sämtliche Gabeln in gleichmäßig anhaltender Bewegung, während man von ihren Tönen nichts wahrnimmt, als höchstens ein leises Summen, welches durch die direkte Einwirkung der Gabeln auf die Luft veranlaßt wird. Wenn man aber eine oder einige der Resonanzröhren öffnet, so kommen deren Töne hinreichend kräftig zum Vorschein, und zwar desto stärker, je weiter man öffnet. So kann man schnell hinter einander verschiedene Zusammensetzungen des Grundtons mit einem oder mehreren harmonischen Obertönen in verschiedener Stärke hörbar machen und dadurch Klänge von verschiedener Klangfarbe hervorbringen.

Unter den natürlichen Klängen, welche zur Nachahmung durch die Stimmgabeln geeignet erscheinen, treten zunächst die Vokale der menschlichen Stimme hervor; weil sie verhältnismäßig wenig fremdartiges Geräusch enthalten und sehr entschiedene Unterschiede der Klangfarbe zeigen, welche leicht aufzufassen sind. Dabei sind die meisten Vokale durch verhältnismäßig niedrige Obertöne charakterisiert, die sich mit unseren Gabeln erreichen lassen, nur E und I gehen über diese Grenze etwas hinaus. Die Bewegung der ganz hohen Gabeln ist zu schwach unter dem Einflüsse solcher elektrischer Ströme, als ich brauchen durfte, ohne anderweitige Störungen der Versuche durch den Lärm der elektrischen Funken zu veranlassen.

Die erste Reihe von Versuchen stellte ich mit den acht Gabeln von B bis b" an. U, O, Ö und auch noch A Hessen sich nachbilden, das letztere aber doch nicht sehr scharf, weil die unmittelbar über seinem charakteristischen Tone b" gelegenen, und im natürlichen Klange des Vokals auch noch merklich verstärkten Obertöne c'" und d'" fehlten. Der Grundton dieser Reihe B allein genommen gab ein sehr dumpfes U, viel dumpfer, als es die Sprache hervorbringen kann. Der Klang wurde dem U ähnlicher, wenn man den zweiten und dritten Partialton b und f' schwach mittönen ließ. Ein sehr schönes O ließ sich hervorbringen, wenn man b' stark angab, daneben schwächer b, f' und d". Dabei mußte der Grundton B etwas gedämpft werden. Wenn ich dann plötzlich die Stellung der Klappen vor den Resonanzröhren änderte, so daß B ganz stark, die Obertöne alle aber schwach wurden, so sprach der Apparat sehr gut und deutlich hinter dem O ein U.

A oder vielmehr Å erhielt ich, indem ich namentlich die höchsten Töne der Reihe vom fünften zum achten möglichst hervortreten ließ, die unteren schwächte.

Die Vokale der zweiten und dritten Reihe, welche noch höhere charakteristische Töne haben, ließen sich nur sehr unvollständig nachbilden durch das Hervorheben ihrer tieferen Verstärkungstöne. Sie waren dann zwar nicht an sich selbst deutlich, aber wenigstens im Gegensatze zu U und O, wenn man sie mit diesen wechseln ließ. So gab es ein erträglich deutliches Ä, wenn ich hauptsächlich den vierten und fünften Ton stark hielt, die tieferen schwach, eine Art von E, wenn ich den dritten verstärkte, alle anderen schwach hielt. Der Unterschied vom O lag bei diesen beiden Vokalen hauptsächlich darin, daß der Grundton und seine Oktave beim A und E viel schwächer sein muß als beim O 2).

2) Es sind nach diesen Angaben die in den Münchener gelehrten Anzeigen, 20. Juni 1859, gemachten zu verbessern. Ich kannte damals noch nicht die hohen Obertöne des E und I, und machte deshalb das 0 dumpfer als es sein muß, um es von dem unvollkommenen E zu scheiden.

Um die Versuche auch auf die helleren Vokale ausdehnen zu können, habe ich mir später noch die Gabeln d"', f'", as'", b"' anfertigen lassen, deren beide oberste aber schon sehr schwach tönen, und habe als Grundton b statt des früheren tieferen Tons B gewählt. Mit diesen gelang es A und A recht gut herzustellen, und E wenigstens viel deutlicher als früher. Bis zu dem hohen charakteristischen Tone des I freilich konnte ich nicht hinaufreichen.

In dieser höheren Gabelreihe gibt nun der Grundton b allein genommen wieder U. Derselbe in mäßiger Stärke angegeben und stark mit seiner Oktave b', schwächer mit der Duodecime f" begleitet, gibt O, dessen charakteristischer Ton eben b' ist. A erhält man, wenn man zu b zunächst b' und f" mäßig stark, dagegen b" und d'" als charakteristische Töne kräftig tönen läßt. Um A in Ä überzuführen, muß man b' und f", die Nachbarn des tieferen charakteristischen Tones d", etwas verstärken, b" dämpfen, dagegen d'" und f'" möglichst hervortreten lassen. Für E muß man die beiden tiefsten Töne der Reihe b und b' mäßig stark halten, als Nachbarn des tieferen Verstärkungstones f', und die höchsten f'", as'", b'" möglichst heraustreten lassen. Es ist mir aber bisher nicht so gut, wie mit den anderen Vokalen, gelungen, weil die hohen Gabeln zu schwach waren und, die zunächst oberhalb des charakteristischen Tones liegenden Obertöne, wie es scheint, nicht ganz fehlen dürfen.

Ähnlich wie die genannten Vokale der menschlichen Stimme lassen sich auch Töne von Orgelpfeifen verschieden er Register nachahmen, vorausgesetzt, daß sie nicht zu hohe Nebentöne geben; doch fehlt den nachgeahmten Tönen das scharfe sausende Geräusch, welches der an der Lippe der Pfeife gebrochene Luftstrom gibt. Die Stimmgabeln sind eben darauf beschränkt, den rein musikalischen Teil des Klanges nachzuahmen. Für die Nachahmung der Zungeninstrumente fehlen die scharfen hohen Obertöne, doch läßt sich das Näselnde der Klarinette durch eine Reihe ungerader Obertöne nachmachen, und die weicheren Klänge des Horns durch den vollen Chor sämtlicher Gabeln.

Wenn aber nun auch nicht die Nachahmung sämtlicher Klänge möglich ist, so leistet der Apparat doch genug, um die wichtige Frage entscheiden zu können, ob eine Veränderung der Phasenunterschiede die Klangfarbe ändert. Diese Frage ist, wie ich schon im Anfange dieses Abschnittes hervorgehoben habe, für die Lehre von den Gehörempfindungen von fundamentaler Wichtigkeit. Ich muß aber die mit der Physik nicht vertrauten Leser um Entschuldigung bitten, wenn ihnen die Auseinandersetzung der zu ihrer Entscheidung angestellten Versuche vielleicht schwierig und trocken erscheint.

Die einfache Art, die Phasen der Nebentöne zu ändern, besteht darin, daß man die Resonanzröhren durch Verengerung ihrer Mündung etwas verstimmt, dadurch wird die Resonanz schwächer, und gleichzeitig ändert sich die Phase. Ist die Resonanzröhre so abgestimmt, daß der Ton, welcher die stärkste Resonanz in ihr erregt, mit dem Ton der zugehörigen Gabel genau zusammenfällt, so fällt der mathematischen Theorie gemäß3) die größte nach außen gerichtete Geschwindigkeit der Luft in der Mündung der Röhre zusammen mit der größten nach innen gerichteten Geschwindigkeit der Gabelenden. Wird die Röhre dagegen etwas tiefer gestimmt, so tritt die größte Geschwindigkeit der Luft etwas früher ein, und wird die Röhre höher gemacht, so tritt sie später ein, als die größte Geschwindigkeit der Gabel. Je mehr man die Stimmung ändert, desto beträchtlicher wird der Phasenunterschied, zuletzt wird er gleich einer Viertelschwingungsdauer. Die Größe des Phasenunterschiedes hängt dabei genau zusammen mit der Stärke der Resonanz, so daß man nach der Stärke der Resonanz auch einigermaßen die Größe des Phasenunterschiedes schätzen kann. Wenn wir die Stärke des Schalles in der Röhre bei vollkommenem Einklange der Röhre und der Gabel gleich 10 setzen, und die Dauer einer ganzen Schwingung, wie die Peripherie eines Kreises in 360 Grade eingeteilt denken, so wird die Stärke der Resonanz in folgender Weise von dem Phasenunterschiede abhängen:
 

Stärke der Resonanz. Phasenunterschied in Winkelgraden.
10
9 35° 54'
8 50° 12'
7 60° 40'
6 68° 54'
5 75° 31'
4 80° 48'
3 84° 50'
2 87° 42'
1 89° 26'

  3) Siehe Beilage IX.
 
 
Daraus geht hervor, daß eine verhältnismäßig kleine Schwächung der Resonanz durch Veränderung der Stimmung beträchtliche Phasenunterschiede hervorbringt, während bei größerer Schwächung die Phasen sich nur noch wenig verändern. Dieser Umstand läßt sich benutzen, um bei der Zusammensetzung der Vokalklänge mittels der Stimmgabeln alle möglichen Veränderungen der Phasen hervorzubringen; man braucht nur den Deckel vor die Resonanzröhre so weit vortreten zu lassen, daß die Stärke des Tones merklich geschwächt wird. Wenn man das Verhältnis, in welchem diese Stärke abgenommen hat, ungefähr zu beurteilen weiß, findet man aus der oben gegebenen Tafel den Phasenunterschied. Auf diese Weise kann man die Schwingungen des betreffenden Tones um jede Größe bis zu einer Viertelschwingungsdauer verändern. Änderung der Phasen um eine halbe Schwingungsdauer erreicht man dadurch, daß man den elektrischen Strom in dem Elektromagneten der betreffenden Gabel in entgegengesetzter Richtung gehen läßt. Die Enden der Gabel werden dann von dem Elektromagneten abgestoßen, während der Strom durchgeht, anstatt angezogen zu werden, und die Bewegung der Gabel wird gerade die entgegengesetzte als vorher. Man darf aber eine solche Erregung der Gabel durch abstoßende Ströme nicht zu lange fortsetzen, weil sonst allmählich der Magnetismus der Gabel geschwächt wird, während die anziehenden Ströme ihn verstärken oder auf seinem Maximum erhalten. Es ist bekannt, daß der Magnetismus von Eisenmassen, welche in starke Erschütterung versetzt sind, sich leicht verändert.

Hat man auf diese Weise einen Klang zusammengesetzt, in welchem durch halbe Öffnung einiger Resonanzröhren die entsprechenden Töne geschwächt und ihrer Phase nach geändert sind, so kann man denselben Klang zusammensetzen mit derselben Schwächung der betreffenden Teiltöne, aber ohne Phasenänderung, wenn man die Resonanzröhren ganz öffnet, aber von den schwingenden Gabeln etwas zurückzieht, bis ihr Ton so weit als nötig abgeschwächt ist.

Läßt man z. B. neben einander die Gabel B und b tönen zuerst bei vollständig geöffneten Resonanzröhren und vollem Einklange, so werden sie ihre Schwingungen so ausführen, daß in den Luftwellen der Fig. 31 A und B S. 195 die Punkte e und d0 zusammenfallen, und in entfernteren Teilen des Zimmers die zusammengesetzte Schwingungskurve C den Luftschwingungen entspricht. Nun kann man den Punkt e der Kurve B auch mit Punkten zwischen d0 und d2 der Kurve A zusammenfallen lassen, indem man die Resonanzröhre der Gabel B mehr und mehr schließt. Soll e auf d1 fallen, so muß die Tonstärke von B etwa 3/4 von der Tonstärke desselben Tons bei offener Röhre werden. Andererseits kann man den Punkt e mit d4 zusammenfallen lassen, indem man den elektrischen Strom in einem der Elektromagneten umkehrt und die Resonanzröhren vollständig öffnet. Endlich kann man wieder durch unvollständige Öffnung der Röhre B den Punkt e gegen d hin wandern lassen. Andererseits kann man auch e, wenn es entweder mit d0 (oder, was dem gleich ist, mit d ) oder mit d4 zusammenfällt, durch unvollständige Öffnung der Röhre b rückwärts von d gegen d4 oder von d4 bis d3 wandern lassen. Die Verhältnisse der Tonstärken lassen sich in allen diesen Fällen ohne Veränderung der Phasen dadurch ausgleichen, daß man die eine oder andere Röhre von ihrer Gabel entfernt, ohne die Weite der Öffnung zu verändern.

In der beschriebenen Weise lassen sich also alle möglichen Phasenunterschiede zwischen je zwei Röhren hervorbringen. Dasselbe Verfahren kann natürlich auch für jede beliebige Zahl von Röhren angewendet werden. Ich habe in dieser Weise mannigfache Kombinationen der Töne mit verschiedenen Phasenunterschieden versucht, aber niemals gefunden, daß sich die Klangfarbe im geringsten dabei veränderte. Es war für den Klang immer vollständig gleichgültig, ob ich einzelne Partialtöne durch unvollständige Öffnung der Röhren, oder durch deren Entfernung von den Stimmgabeln abschwächte, wodurch also die von uns aufgestellte Frage dahin entschieden wird, daß die Klangfarbe des musikalischen Teiles eines Klanges nur abhängt von der Zahl und Stärke der Teiltöne, nicht von ihren Phasenunterschieden.

Die bisherige Beweisführung für die Unabhängigkeit der Klangfarbe von den Phasenunterschieden ist experimentell am leichtesten auszuführen, aber ihre Beweiskraft beruht nur auf der theoretischen Einsicht, daß die Phasen gleichzeitig mit der Stärke des Tones verändert werden, und diese Einsicht kann nur durch die mathematische Theorie gegeben werden. Wir können die Luftschwingungen nicht unmittelbar sichtbar machen. Mit einer kleinen Abänderung läßt sich der Versuch indessen auch so ausführen, daß wir die veränderten Phasen unmittelbar sichtbar machen, wenn wir nämlich die Stimmgabeln, aber nicht die Resonanzröhren verstimmen; dies läßt sich durch aufgesetzte Wachsklümpchen leicht bewirken. Für die Phasen einer Stimmgabel, welche unter dem Einfluß elektrischer Ströme schwingt, gilt nämlich dasselbe Gesetz, wie für die Resonanzröhren. Die Phase verändert sich allmählich um eine Viertelschwingungsdauer, wenn durch Verstimmung der Gabel deren Tonstärke allmählich vom Maximum auf Null gebracht wird. Die Phase der Luftbewegung behält immer dieselbe Beziehung zu der Phase der Stimmgabelschwingung, da die Tonhöhe, welche durch die Zahl der elektrischen Stromstöße bestimmt wird, bei der Veränderung der Gabel nicht mit verändert wird. Diese Veränderung der Phase der Gabel kann direkt beobachtet werden mittels des Vibrationsmikroskops von Lissajous, welches schon oben beschrieben und in Fig. 22 auf Seite 138 abgebildet worden ist. Man stellt die Zinken der Gabel und das Mikroskop dieses Instruments horizontal auf, die zu untersuchende Gabel vertikal, pulvert auf das obere Ende von einer ihrer Zinken etwas Stärkmehl, stellt das Mikroskop auf eines der Stärkmehlkörnchen ein, und erregt beide Gabeln durch die elektrischen Ströme der Unterbrechungsgabel, Fig. 33. Die Gabel des Instruments von Lissajous ist im Einklange mit der Unterbrechungsgabel. Das Amylumkörnchen schwingt selbst in einer horizontalen Linie, das Objektivglas des Mikroskops vertikal, und so entstehen durch die Zusammensetzung beider Bewegungen Kurven, wie bei den früher beschriebenen Beobachtungen an den Saiten der Violine.

Ist die beobachtete Gabel ebenfalls im Einklang mit der Unterbrechungsgabel, so ist die Kurve eine schräge gerade Linie, Fig. 34 (l), wenn beide Gabeln gleichzeitig durch ihre Gleichgewichtslage gehen; die gerade Linie geht durch eine lang gestreckte schräg liegende Ellipse (2, 3) in einen Kreis oder eine senkrechte Ellipse (4) über, wenn der Phasenunterschied bis zu 1/4 Schwingungsdauer steigt; dann durch eine anders gerichtete Ellipse (5, 6) in eine eben solche gerade Linie (7), wenn der Unterschied bis auf eine halbe Schwingungdauer vergrößert wird.

Ist die zweite Gabel die höhere Oktave der Unterbrechungs-gabel, so stellen die Kurven Fig. 35 l, 2, 3, 4, 5 die Reihe der Formen dar, wobei 3 dem Falle entspricht, wo beide Gabeln gleichzeitig durch die Gleichgewichtslage gehen; 2 und 4 sind um 1/12, l und 5 um 1/4 Undulation der höheren Gabel davon unterschieden.

Wenn man zunächst die Gabeln mit der Unterbrechungsgabel in möglichst genauen Einklang bringt, so daß beide ihre stärkste Vibration geben, und dann durch aufgelegtes oder abgenommenes Wachs ihre Stimmung ein wenig verändert, so sieht man auch gleichzeitig in dem mikroskopischen Bilde die eine Figur in die andere übergehen, und man kann sich so sehr leicht von der Richtigkeit des angeführten Gesetzes überzeugen. Die Versuche über die Klangfarbe werden nachher so ausgeführt, daß man zuerst alle Gabeln möglichst genau auf die harmonischen Obertöne der Unterbrechungsgabel abstimmt, und durch Entfernung der Resonanzröhren von den Gabeln die gewünschten Verhältnisse der Stärke hervorbringt, dann die Gabel durch aufgelegte Wachsklümpchen beliebig verstimmt. Die Größe der Wachsklümpchen kann man vorher bei den mikroskopischen Beobachtungen so regulieren, daß sie einen Phasenunterschied von verlangter Größe hervorbringen. Dadurch werden die Schwingungen der Gabeln gleichzeitig aber auch schwächer, und man muß deshalb die Stärke der Töne durch Näherung oder Entfernung der Resonanzröhren wieder den früheren gleich machen.

Das Resultat ist bei diesen Versuchen, wo die Gabeln verstimmt werden, wieder dasselbe, wie bei der Verstimmung der Resonanzröhren; es ist keine Veränderung der Klangfarbe wahrzunehmen, wenigstens keine solche, welche deutlich genug wäre, daß man sie nach der kleinen Zeit von einigen Sekunden, die man zur Umänderung des Apparats gebraucht, noch erkennen könnte, jedenfalls also keine solche Veränderung der Klangfarbe, wodurch ein Vokal in einen anderen verwandelt würde.

Eine scheinbare Ausnahme von dieser Regel muß hier erwähnt werden. Wenn man die Gabeln B und b nicht ganz rein stimmt, und durch Streichen oder Anschlagen in Schwingung bringt, so hört ein aufmerksames Ohr ganz schwache Schwebungen, die als kleine Veränderungen der Tonstärke und der Klangfarbe erscheinen. Diese Schwebungen hängen allerdings damit zusammen, daß die schwingenden Gabeln nach einander in verschiedene Phasenunterschiede gelangen. Ihre Erklärung wird bei den Kombinationstönen gegeben werden, und es wird sich dort zeigen, daß auch diese kleinen Veränderungen der Klangfarbe auf Veränderungen der Tonstärke eines der Töne zurückgeführt werden können.

Wir können demnach das wichtige Gesetz aufstellen, daß die Unterschiede der musikalischen Klangfarbe nur abhängen von der Anwesenheit und Stärke der Partialtöne, nicht von ihren Phasenunterschieden. Es ist hier wohl zu bemerken, daß nur von der musikalischen Klangfarbe, wie wir diese oben definiert haben, die Rede ist. Wenn unmusikalische Geräusche mit dem Klange verbunden sind, Knarren, Kratzen, Sausen, Zischen, so können wir diese entweder gar nicht als regelmäßig periodische Bewegungen betrachten, oder sie entsprechen hohen, dicht neben einander liegenden und mit einander scharf dissonierenden Obertönen. Auf letztere konnten wir unsere Versuche nicht ausdehnen und wir werden es deshalb vorläufig zweifelhaft lassen müssen, ob bei dergleichen dissonierenden Tönen Phasenunterschiede in Betracht kommen. Spätere theoretische Betrachtungen werden es wahrscheinlich machen, daß dies wirklich der Fall ist.

Wenn es nur darauf ankommt durch zusammengesetzte Klänge die Vokale nachzuahmen, ohne daß man die Phasenunterschiede der einzelnen Teiltöne kontrollieren will, so kann man dies auch ziemlich gut mit Orgelpfeifen erreichen. Nur muß man mindestens zwei Reihen derselben haben, stark tönende offene und schwach tönende gedackte Pfeifen, weil man die Stärke des Tones nicht durch veränderte Stärke des Windes ändern kann, ohne gleichzeitig auch die Tonhöhe zu ändern. Ich habe von Herrn Appun in Hanau eine solche doppelte Pfeifenreihe erhalten, welche die ersten sechs-zehn Teiltöne des B gibt. Alle diese Pfeifen stehen auf einer gemeinsamen Windlade, welche auch die Schieber enthält, mit denen man die einzelnen Pfeifen öffnen und schließen kann. Zwei größere Schieber schließen die Windlade gegen den Blasebalg ab. Während man die letzteren geschlossen läßt, stellt man die Schieber der einzelnen Pfeifen so, wie sie die verlangte Kombination der Töne gibt, und öffnet dann erst einen der Hauptschieber der Windlade, so daß alle Pfeifen auf einmal angeblasen werden. Kurze Tonstöße, auf diese Weise hervorgebracht, zeigen den Vokalcharakter viel besser, als ein lange anhaltender Klang. Man tut am besten, den Grundton und die hervortretenden Obertöne der gewünschten Vokale gleichzeitig durch die offenen und gedackten Pfeifen anzugeben, und für die nächst benachbarten Töne nur die schwachen gedackten Pfeifen zu öffnen, so daß der starke Ton nicht zu isoliert dasteht.

Die Nachahmung der Vokale mit einem solchen Apparate ist keine sehr vollkommene, schon deshalb nicht, weil man die Tonstärke der verschiedenen Pfeifen nicht so fein abändern kann, wie die der Stimmgabeln, und namentlich sind die hohen Töne zu schreiend. Indessen kann man immerhin erkennbare Vokalklänge auf diese Weise zusammensetzen.

Wir gehen jetzt dazu über, die Rolle, welche das Ohr bei der Wahrnehmung der Klangfarben spielt, näher zu besprechen. Die ältere Voraussetzung über die Leistungen des Ohres ist, daß das Ohr sowohl die Fähigkeit habe, die Zahl der Schwingungen eines Klanges zu unterscheiden und danach die Höhe des Tones zu bestimmen, als auch die Form der Schwingungen zu unterscheiden, von welcher die Verschiedenheit der Klangfarbe abhänge. Die letztere Behauptung gründete sich nur auf Schlüsse, welche auf die Exclusion der anderen möglichen Annahmen gegründet waren. Da nachgewiesen werden konnte, daß gleiche Höhe zweier Töne durchaus gleiche Zahl der Schwingungen erfordere, da ferner die Stärke des Tones sichtlich von der Stärke der Schwingungen abhing, so mußte die Klangfarbe von etwas anderem als von der Zahl und Stärke der Schwingungen abhängen. Es blieb nur die Form der Schwingungen. Wir können nun diese Ansicht noch genauer bestimmen. Die zuletzt beschriebenen Versuche ergaben, daß Wellen von sehr verschiedener Form (z.B. S. 195 Fig. 31 CD, und S. 53 Fig. 12 C und D) gleiche Klangfarbe haben können, und zwar existieren in jedem Falle (den einfachen Ton ausgenommen) unendlich viele verschiedene Wellenformen dieser Art, da jede Änderung des Phasenunterschiedes die Form verändert, ohne den Klang zu ändern. Entscheidend ist nur, ob die Luftschwingungen, welche das Ohr treffen, wenn sie in eine Summe einfacher pendelartiger Schwingungen zerlegt gedacht werden, die gleichen einfachen Schwingungen in gleicher Stärke geben.

Das Ohr unterscheidet also nicht die verschiedene Form der Wellen an sich genommen, wie das Auge Bilder der verschiedenen Schwingungsformen unterscheiden kann; das Ohr zerlegt vielmehr die Wellenformen nach einem bestimmten Gesetze in einfachere Bestandteile; es empfindet diese einfachen Bestandteile einzeln als harmonische Töne; es kann sie bei gehörig geschulter Aufmerksamkeit einzeln zum Bewußtsein bringen, und es unterscheidet als verschiedene Klangfarben nur verschiedene Zusammensetzungen aus diesen einfachen Empfindungen.

Lehrreich ist in dieser Beziehung die Vergleichung zwischen Auge und Ohr. Wenn dem Auge die schwingende Bewegung sichtbar gemacht wird, z. B. durch das Vibrationsmikroskop, so ist es im Stande, alle verschiedenen Formen von Schwingungen von einander zu unterscheiden, auch solche, welche das Ohr nicht unterscheiden kann. Aber das Auge ist nicht im Stande, unmittelbar die Zerlegung der Schwingungen in einfache Schwingungen auszuführen, wie es das Ohr tut. Das Auge, mit dem genannten Instrumente bewaffnet, unterscheidet also wirklich die Form der Schwingung als solche, und unterscheidet alle verschiedenen Formen der Schwingung; das Ohr dagegen unterscheidet nicht alle verschiedenen Schwingungsformen, sondern nur solche, welche, in pendelartige Schwingungen zerlegt, verschiedene Bestandteile ergeben; aber indem es eben diese Bestandteile einzeln unterscheidet und empfindet, ist es dem Auge, welches dies nicht kann, wieder überlegen.

Es ist diese Zerlegung der Schwingungen in einfache pendelartige eine sehr auffallende Eigenschaft des Ohres. Der Leser muß sich wohl daran erinnern, daß wenn wir die Schwingungen, welche ein einzelnes musikalisches Instrument hervorbringt, zusammengesetzte genannt haben, diese Zusammensetzung zunächst eben nur für unsere Wahrnehmung durch das Ohr existiert, oder für die mathematische Theorie, während in Wirklichkeit die Bewegung der Luftteilchen keine zusammengesetzte, sondern eine einfache ist, verursacht durch eine einzige Ursache. Wenn wir uns nun in der Natur nach Analogien für eine solche Zerlegung periodischer Bewegungen in einfache umsehen, so finden wir keine andere Analogie als die Erscheinungen des Mitschwingens. In der Tat, denken wir uns den Dämpfer eines Klaviers gehoben, und lassen irgend einen Klang kräftig gegen den Resonanzboden wirken, so bringen wir eine Reihe von Saiten in Mitschwingung, nämlich alle die Saiten und nur die Saiten, welche den einfachen Tönen entsprechen, die in dem angegebenen Klange enthalten sind. Hier tritt also auf rein mechanischem Wege eine ähnliche Trennung der Luftwellen ein wie durch das Ohr, indem die an sich einfache Luftwelle eine gewisse Anzahl von Saiten in Mitschwingung bringt, und indem das Mitschwingen dieser Saiten von demselben Gesetze abhängt, wie die Empfindung der harmonischen Obertöne im Ohre.

Ein gewisser Unterschied zwischen beiden Apparaten beruht nur darin, daß die Klaviersaiten auch ziemlich leicht in ihren Obertönen mitschwingen, wobei sie in mehrere schwingende Abteilungen zerfallen. Wir wollen von diesem Umstande bei unserem Vergleich absehen. Übrigens wäre es möglich, ein Instrument herzustellen, dessen Saiten nur auf ihren Grundton merklich und stark mitschwingen, wenn man nämlich die Saiten in ihrer Mitte mit Gewichtchen belasten wollte, wodurch die höheren Töne der Saiten unharmonisch zu ihrem Grundtone werden würden.

Könnten wir nun jede Saite eines Klaviers mit einer Nervenfaser so verbinden, daß die Nervenfaser erregt würde und empfände, so oft die Saite in Bewegung geriete: so würde in der Tat genau so, wie es im Ohre wirklich der Fall ist, jeder Klang, der das Instrument trifft, eine Reihe von Empfindungen erregen, genau entsprechend den pendelartigen Schwingungen, in welche die ursprüngliche Luftbewegung zu zerlegen wäre; und somit würde die Existenz jedes einzelnen Obertones genau ebenso wahrgenommen werden, wie es vom Öhre wirklich geschieht. Die Empfindungen verschieden hoher Töne würden unter diesen Umständen verschiedenen Nervenfasern zufallen, und daher ganz getrennt und unabhängig von einander zu Stande kommen.

Nun lassen in der Tat die neueren Entdeckungen der Mikroskopier über den inneren Bau des Ohres die Annahme zu, daß im Ohre ähnliche Einrichtungen vorhanden seien, wie wir sie uns eben erdacht haben. Es findet sich nämlich das Ende jeder Nervenfaser des Gehörnerven verbunden mit kleinen elastischen Teilen, von denen wir annehmen müssen, dass sie durch die Schallwellen in Mitschwingung versetzt werden.

Der Bau des Ohres lässt sich kurz in folgender Weise beschreiben. Die zarten Enden der Nervenfasern des Gehörnerven befinden sich ausgebreitet auf feinen Membranen in einer mit Wasser gefüllten Höhle, welche wegen ihrer verwickelten Form das Labyrinth des Ohres genannt wird. Um die Schwingungen der Luft hinreichend kräftig auf das Wasser des Labyrinths zu übertragen, dazu dient ein zweiter Teil des Ohres, nämlich die Paukenhöhle mit den darin liegenden Teilen. Fig. 36 zeigt in natürlicher Größe einen schematischen Durchschnitt der zum Gehörorgan gehörigen Höhlen. A ist das Labyrinth, B B die Paukenhöhle, D der trichterförmige Eingang in den äußeren Gehörgang, der in seiner Mitte am engsten ist, gegen das innere Ende hin sich wieder etwas erweitert. Das innere Ende des aus einer teils knorpeligen, teils knöchernen Röhre gebildeten äußeren Gehörganges ist von der Paukenhöhle B getrennt durch eine kreisrunde dünne Membran, das Trommelfell (Paukenfell) cc, welche in einem knöchernen Ringe ziemlich schlaff ausgespannt ist. Die Paukenhöhle B liegt zwischen dem äußeren Gehörgange und dem Labyrinth. Von dem letzteren ist sie durch knöcherne Wände getrennt, in denen nur zwei durch Membranen verschlossene Öffnungen bleiben, die beiden sogenannten Fenster des Labyrinths, von denen das obere oder ovale Fenster, o, Fig. 36, mit dem einen Gehörknöchelchen, dem Steigbügel verbunden ist. Das untere oder runde Fenster r ist ohne Verbindung mit den Knöchelchen.

Vom äußeren Gehörgange und dem Labyrinthe ist also die Paukenhöhle überall abgeschlossen; dagegen hat sie einen freien Eingang vom oberen Teile der Schlundhöhle aus, die sogenannte Eustachische Trompete oder Tuba E, so genannt, weil ihre gegen den Schlund gekehrte Öffnung wie das Ende einer Trompete erweitert ist, während die Mitte der Röhre sehr eng ist. Das in die Paukenhöhle übergehende Ende der Tuba ist aus Knochen gebildet, das gegen den Schlund gekehrte erweiterte Ende dagegen aus einer dünnen biegsamen Knorpelplatte, welche längs der oberen Seite gespalten ist. Die Ränder der Spalte sind durch eine sehnige Membran geschlossen. Man kann durch die Tuba Luft in die Trommelhöhle eintreiben oder herausziehen, wenn man Nase und Mund verschließt, und die Luft im Munde entweder zusammenpreßt oder durch Saugen verdünnt. Sowie die Luft in. die Trommelhöhle eintritt oder austritt, fühlt man ein plötzliches Rucken im Ohr und hört ein Knacken. Dabei wird man bemerken, daß die Luft nur in solchen Augenblicken vom Schlunde in das Ohr oder vom Ohre in den Schlund tritt, wo man eine Schlingbewegung macht. Ist die Luft in das Ohr eingedrungen, so bleibt sie darin, auch wenn man nun Mund und Nase wieder öffnet, bis man eine Schlingbewegung macht. Bei letzterer tritt sie aus, was sich dadurch zu erkennen gibt, daß ein neues Knacken eintritt, und das Gefühl der Spannung im Trommelfell, was so lange bestand, nun aufhört. Es folgt aus diesen Versuchen, daß die Tuba für gewöhnlich gar nicht offen ist, sondern nur beim Schlingen geöffnet wird, was sich dadurch erklärt, daß die Muskeln, die das Gaumensegel heben und beim Schlingen in Tätigkeit gesetzt werden, zum Teil von dem knorpeligen Ende der Tuba entspringen. Für gewöhnlich ist also die Paukenhöhle ganz geschlossen, mit Luft gefüllt, und der Druck dieser Luft bleibt dem der atmosphärischen Luft gleich, da er von Zeit zu Zeit während der Schlingbewegungen Gelegenheit hat, sich mit diesem auszugleichen. Gegen stärkeren Luftdruck öffnet sich die Tuba auch ohne Schlingbewegung, und bei verschiedenen Individuen scheint ihr Widerstand sehr verschieden groß zu sein.

Die Luft der Paukenhöhle ist an zwei Stellen vom Wasser des Labyrinths ebenfalls nur durch dünne gespannte Membranen getrennt. Diese Membranen schließen die schon erwähnten Öffnungen, nämlich das ovale (o, Fig. 36) und das runde Fenster (r) des Labyrinths. Beide Membranen sind auf ihrer äußeren Seite mit der Luft der Trommelhöhle, auf der inneren mit dem Wasser des Labyrinths in Berührung; die des runden Fensters ist ganz frei, die des ovalen Fensters dagegen mittels einer Reihe von drei durch Gelenke verbundenen Knöchelchen, Gehörknöchelchen, mit dem Trommelfell verbunden. Fig. 37 zeigt die drei Knöchelchen in ihrer natürlichen Verbindung mit einander und in viermaliger Vergrößerung der Lineardimensionen; sie sind der Hammer M (Malleus), der Ambos I (Incus) und der Steigbügel S (Stapes). Ersterer ist mit dem Trommelfell, letzterer mit der Membran des ovalen Fensters verbunden.

Der Hammer, einzeln dargestellt in Fig. 38, zeigt ein oberes dickeres abgerundetes Ende, den Kopf Cp, und ein unteres dünneres, den Stiel oder Handgriff m; zwischen beiden ist eine Einschnürung e, der Hals des Hammers. An der nach hinten gekehrten Seite des Kopfes findet man eine Gelenkfläche* mittels deren er sich an den Amboß anlegt. Unterhalb des Halses, wo dieser in den Stiel übergeht, ragen zwei Fortsätze hervor, der lange l oder Processus Folianus, und der kurze Fortsatz b. Ersterer ist nur bei Kindern so lang, wie ihn die Abbildungen zeigen; bei Erwachsenen scheint er meist bis auf einen kleinen Stumpf resorbiert zu sein. Er hat die Richtung nach vorn, und liegt in den Bandmassen verdeckt, die nach vorn bin den Hammer festheften. Der kurze Fortsatz b dagegen ist gegen das Trommelfell gekehrt, dessen obersten Teil er etwas hervordrängt. Von der Spitze dieses Fortsatzes b bis zur Spitze des Stieles m ist der Hammer im oberen Teile des Trommelfells festgeheftet, und zwar so, daß die Spitze des Stieles das Trommelfell stark nach innen zieht.

Fig. 39 und Fig. 40 zeigen den Hammer in seiner natürlichen Lage, erstere von außen nach Wegnahme des Trommelfells, letztere von innen. Der Hammer ist längs des oberen Randes des Trommelfells angeheftet durch eine Schleimhautfalte, in deren Innern eine Reihe ziemlich straffer Sehnenfaserbündel verlaufen. Am Hammer entspringen diese Anheftungsbänder in einer Linie, die vom Processus Folianus (Fig. 38 l) aus sich oberhalb der verengten Stelle des Halses gegen das untere Ende der Gelenkfläche für den Amboß hinzieht und bei älteren Leuten zu einer stark hervorragenden Knochenleiste entwickelt ist. Am stärksten und straffsten sind diese Bandmassen am vorderen und hinteren Ende dieser Ansatzlinie. Die vordere Bandmasse, Ligamentum Mallei anterius (m a Fig. 40), umhüllt den Processus Folianus und heftet sich teils an eine Knochenspitze (S t p, Fig. 39 und 40) des knöchernen Paukenrings, welche bis dicht an den Hals des Hammers vorragt, teils an deren unteren Rand, teils senkt sie sich in eine von hier gegen das Kiefergelenk hinziehende Knochenspalte ein. Der hintere Teil der beschriebenen Bandmasse dagegen heftet sich an eine nach innen vom Trommelfell und diesem parallel hervorragende scharfkantige Knochenleiste etwas oberhalb der Öffnung, in welche ein hier durchziehender Nerv, die Chorda Tympani (l, l, Fig. 40), in den Knochen eintritt. Diese letzteren Faserzüge können wir als Ligamentum Mallei posterius bezeichnen. In Fig. 39 erscheint der Ansatzpunkt dieses Bandes als ein kleiner Vorsprung des Ansatzringes des Trommelfells, welcher nach rechts hin den links bei S t p beginnenden oberen Ausschnitt der Öffnung für das Trommelfell begrenzt, gerade an der Stelle, wo in der Figur der lange Fortsatz I des Amboß zum Vorschein kommt. Das Ligamentum anterius und posterius zusammengenommen bilden einen mäßig gespannten Sehnenstrang, um den sich der Hammer wie um eine Achse drehen kann. Auch wenn man die beiden anderen Gehörknöchelchen vorsichtig entfernt hat, ohne die beschriebenen Bänder des Hammers zu lösen, bleibt er deshalb in seiner natürlichen Stellung stehen, wenn auch weniger stramm, als vorher.

Die mittleren Fasern des genannten breiten Befestigungsbandes des Hammers gehen gerade nach außen gegen den oberen knöchernen Rand des Trommelfells. Sie sind verhältnismäßig kurz, und wohl als Ligamentum Mallei externum bezeichnet worden. Da sie oberhalb der Achsenlinie am Hammer entspringen, hemmen sie eine zu starke Einwärtsdrehung des Kopfes und Auswärtsdrehung des Stiels mit dem Trommelfell, und widersetzen sich einer Zerrung des Achsenbandes nach unten hin. Erstere Wirkung wird noch verstärkt durch ein Band (Ligamentum Mallei superius), welches sich vom Processus Folianus aus nach oben in die schmale Spalte hineinzieht, die, wie Fig. 40 erkennen läßt, zwischen dem Kopf des Hammers und der Wand der Paukenhöhle bleibt.

Zu bemerken ist noch, daß im oberen Teile des Kanals der Tuba ein Muskel liegt, der Spannmuskel des Trommelfells, dessen Sehne quer durch die Trommelhöhle hindurchgehend, sich innen an den oberen Teil des Hammerstiels ansetzt (Fig. 40 *). Dieser Muskel ist als ein mäßig gespanntes elastisches Band zu betrachten, dessen Spannung zeitweilig durch aktive Zusammenziehung beträchtlich erhöht werden kann. Auch dieser Muskel wirkt darauf hin, hauptsächlich den Stiel des Hammers mit dem Trommelfell nach innen zu ziehen. Da aber sein Ansatz so nahe unter dem Achsenbande liegt, so wirkt der Hauptteil seines Zuges auf dieses ein, und spannt es, indem er es etwas nach innen zieht. Dabei ist zu bemerken, daß an einem geradlinigen mäßig gespannten unausdehnsamen Strange, wie es das Achsenband des Hammers ist, schon eine geringe Kraft, welche ihn seitwärts zu ziehen strebt, eine sehr erhebliche Steigerang der Spannung hervorbringen kann. Das ist bei der genannten Anordnung des Spannmuskels der Fall. Es ist dabei zu bemerken, daß auch die ruhenden, nicht innervierten Muskeln des lebenden Körpers immer elastisch gespannt sind und wie elastische Bänder wirken. Diese Spannung kann allerdings durch Innervation, die den Muskel in Tätigkeit setzt, erheblich gesteigert werden, aber sie fehlt bei den meisten Muskeln des Körpers niemals ganz.

Der Amboß, einzeln dargestellt in Fig. 41, hat etwa die Gestalt eines zweiwurzeligen Backzahns, dessen Kaufläche das Gelenk (* Fig. 41) gegen den Hammer bildet. Von den beiden etwas weit auseinander gespreizten Wurzeln des Zahns heißt die obere, welche nach hinten gerichtet ist, der kurze Fortsatz b, die andere dünnere nach unten gerichtete der lange Fortsatz l des Ambosses. Letztere trägt an ihrer Spitze das Gelenkköpfchen für den Steigbügel. Die Spitze des kurzen Fortsatzes dagegen ist durch eine kurze Bandmasse und ein unvollständig ausgebildetes Gelenk an ihrer unteren Fläche mit der hinteren Wand der Paukenhöhle verbunden, da wo diese nach hinten in die Lufthöhlen des hinter dem Ohre gelegenen Zitzenfortsatzes übergeht. Das Gelenk zwischen Amboß und Hammer ist von einer ziemlich unregelmäßigen, im Ganzen sattelförmigen Flächenkrümmung. Seiner Wirkung nach ist es zu vergleichen mit den Gelenken der viel verbreiteten, mit Sperrzähnen versehenen Uhrschlüssel, welche in einer Richtung ohne erheblichen Widerstand frei gedreht werden können, in entgegengesetzter Richtung aber, wenn sich ihre Sperrzähne aufeinander stemmen, nicht die kleinste Drehung erlauben. Solche Sperrzähne hat das Hammer - Amboßgelenk namentlich an seiner unteren Seite ausgebildet, und zwar liegt der des Hammers außen, dem Trommelfell zugewendet, der des Ambosses innen, während umgekehrt gegen das obere Ende der Gelenkgrube hin der Amboß mehr nach außen übergreift, der Hammer nach innen. Die Folge dieser Konstruktion ist, daß wenn der Hammer mit seinem Stiel nach innen gezogen wird, er den Amboß ganz fest packt und mitnimmt. Umgekehrt, wenn das Trommelfell mit dem Hammer nach außen getrieben wird, braucht der Amboß nicht mitzugehen. Die Sperrzähne der Gelenkflächen weichen dann von einander, und diese gleiten mit sehr geringer Reibung an einander hin. Es hat dies zunächst den sehr großen Vorteil, daß der Steigbügel nicht aus dem ovalen Fenster ausgerissen werden kann, wenn die Luft im Gehörgange erheblich verdünnt wird. Eintreibung des Hammers, wie sie durch Verdichtung der Luft im Gehörgange entstehen könnte, ist ebenfalls ohne Gefahr, da sie durch die Spannung des trichterförmig eingezogenen Trommelfells selbst kräftig gehemmt wird.

Wird bei einer Schlingbewegung Luft in die Trommelhöhle eingeblasen, so wird die Berührung von Hammer und Amboß gelockert. Dann hört man schwache Töne aus den mittleren und höheren Gegenden der Skale nicht merklich schwächer als sonst, wohl aber bemerkt man eine sehr beträchtliche Dämpfung starker Töne. Dies dürfte daraus zu erklären sein, daß die Adhäsion der Gelenkflächen aneinander genügt, um schwache Bewegungen von einem auf den anderen Knochen zu übertragen, während sie bei stärkeren Anstößen aneinander gleitend sich verschieben können und solche daher nicht mehr ungeschwächt übertragen.

Tiefe Töne sind bei jeder Stärke gedämpft, wohl weil diese immer ausgiebigere Bewegungen erfordern um hörbar zu werden 4).
 
 

4) Siehe darüber unten Abth. II, Abschnitt 9. Einen anderen wichtigen Einfluß, welchen die beschriebene Konstruktion des Hammer-Ambossgelenkes auf die Wahrnehmung der Töne hat, werde ich unten bei den Kombinationstönen besprechen.

Da die Befestigung der Spitze des kurzen Fortsatzes des Steigbügels [#Ambosses?#20024] merklich nach innen und oben vom Achsenbande des Hammers liegt, so entfernt sich der Kopf des Hammers vom Amboß-Paukengelenk, wenn ersterer nach außen, und der Hammerstiel mit dem Trommelfell nach innen getrieben wird. Das hat zur Folge, daß die Bänder, die den Amboß am Hammer und an der Spitze seines kurzen Fortsatzes festhalten, merklich gedehnt werden, und daß letztere Spitze etwas von ihrer knöchernen Unterlage abgehoben wird. Bei dieser normalen Stellung der Knöchelchen zum Hören hat daher der Amboß gar keine weitere Berührung mit anderen Knochen als mit dem Hammer, sondern beide Knochen sind dann nur durch gespannte Bandmaßen festgestellt, und zwar ziemlich straff, so daß nur die Drehung um das Achsenband des Hammers verhältnismäßig ungehindert bleibt.

Das dritte Knöchelchen, der Steigbügel, einzeln dargestellt in Fig. 42, hat in der Tat die auffallendste Ähnlichkeit mit dem Gerät, nach dem es genannt ist. Die Fußplatte B ist in der Membran des ovalen Fensters befestigt, welche sie bis auf einen schmalen Saum fast ganz ausfüllt. Das Köpfchen cp hat ein Gelenkgrübchen für die Spitze (Processus lenticularis) des langen Fortsatzes des Ambosses. Das Gelenk ist mit einer schlaffen Membran umgeben. Bei normal einwärtsgezogenem Trommelfell drückt der Amboß auf den Steigbügel, so daß eine straffere Bandbefestigung des Gelenks nicht nötig ist. Jede verstärkte Eintreibung des Hammers vom Trommelfell aus bewirkt auch eine stärkere Eintreibung des Steigbügels in das ovale Fenster, wobei aber der obere etwas losere Rand seiner Fußplatte sich stärker verschiebt als der untere, und daher das Köpfchen sich etwas hebt, welcher Bewegung auch wieder eine schwache Hebung der Spitze des langen Amboßfortsatzes entspricht, wie sie durch die Lage derselben nach innen und unten vom Achsenbande des Hammers bedingt wird.

Die Exkursionen der Steigbügelplatte sind sehr klein und übersteigen nach meinen Messungen5) jedenfalls nicht 1/10 Millimeter. Die freie Exkursion des Hammers dagegen mit dem Stiel nach außen, welche er machen kann, indem er sich gegen den Amboß im Gelenk verschiebt, ist mindestens neun Mal so groß, als die er mit dem Amboß und Steigbügel zusammen ausführen kann.

5) Helmholtz, Die Mechanik der Gehörknöchelchen in Pflueger's Archiv für Physiologie, Bd. I, S. 34 bis 43. [Wiss. Abh. Bd. II, S. 515] Dieser Aufsatz sucht überhaupt die hier gegebene Darstellung der Mechanik des Ohres zu begründen.

Der ganze Trommelhöhlenapparat hat zunächst den mechanischen Nutzen, daß die Schallbewegung von der verhältnismäßig ausgedehnten Fläche des Trommelfells (vertikaler Durchmesser 9 bis 10 mm, horizontaler 7,5 bis 9 mm) aufgefangen und durch die Knöchelchen auf die verhältnismäßig viel kleinere Fläche des ovalen Fensters oder der Fußplatte des Steigbügels übertragen wird, deren Durchmesser nur 1,5 und 3 mm betragen. Somit ist die Fläche des Trommelfells 15 bis 20 Mal größer, als die des ovalen Fensters.

Bei dieser Übertragung der Luftschwingungen auf das Labyrinthwasser ist nun zu bemerken, daß die Luftteilchen zwar verhältnismäßig große Amplituden ihrer Schwingungen zeigen, aber wegen ihrer geringen Dichtigkeit kein großes Trägheitsmoment haben, daher auch, wenn sie durch das Trommelfell in ihrer Bewegung gehemmt werden, keinen großen Widerstand gegen diese Hemmung leisten und auch keinen erheblichen Druck gegen das hemmende Trommelfell ausüben. Das Labyrinthwasser ist dagegen viel dichter und schwerer als die Luft des Gehörganges, und um es schnell hin- und herzutreiben, wie es bei den Schalloszillationen geschieht, sind viel erheblichere Druckkräfte nötig, als für die Luft des Gehörgangs. Andererseits sind aber auch die Amplituden der Schwingungen, welche das Labyrinthwasser ausführt, verhältnismäßig sehr klein, und außerordentlich kleine Schwingungen sind hier genügend, um die zum Teil an der Grenze des mikroskopischen Sehens liegenden Endgebilde und Anhänge der Nerven hinreichend hin und her zu bewegen, so daß Empfindung erregt wird.

Die mechanische Aufgabe des Trommelhöhlenapparats ist also, eine Bewegung von größer Amplitude und geringer Kraft, welche das Trommelfell trifft, zu verwandeln in eine von geringer Amplitude und größerer Kraft, die dem Labyrinthwasser mitzuteilen ist.

Es ist dies eine Aufgabe, wie sie durch vielerlei mechanische Apparate, als Hebel, Flaschenzüge, Krane etc., gelöst wird. Die Art, wie dies im Trommelhöhlenapparat geschieht, ist ganz abweichend und sehr eigentümlich.

Eine Hebelwirkung wird zwar auch benutzt, aber nur in geringem Maße. Die Spitze des Hammerstiels, auf welche der Zug des Trommelfells zunächst einwirkt, ist allerdings etwa anderthalb Mal so weit von der Drehungsachse entfernt, als die Spitze des Ambosses, welche auf den Steigbügel drückt, wie unter andern Fig. 39 erkennen läßt. Der Hammerstiel bildet also den längeren Hebelarm, und der Druck auf den Steigbügel wird anderthalb Mal so groß sein, als die Kraft, welche die Spitze des Hammerstiels eintreibt.

Die Hauptverstärkung wird aber durch die Form des Trommelfells bedingt. Ich habe schon erwähnt, daß die Mitte desselben, oder sein Nabel, trichterförmig durch den Stiel des Hammers nach innen gezogen ist. Die vom Nabel nach dem Rande gezogenen Meridianlinien dieses Trichters sind aber nicht gerade gestreckt, sondern schwach konvex nach außen. Verminderter Luftdruck im Gehörgange erhöht diese Konvexität, vermehrter Druck vermindert sie. Nun ist die Spannung sehr beträchtlich, welche in einem unausdehnbaren Faden, der die Form eines sehr flachen Bogens hat, dadurch entsteht, daß eine schwache Kraft senkrecht gegen seine Wölbung wirkt. Es ist bekannt, daß man eine erhebliche Kraft anwenden muß, um einen langen dünnen Strick horizontal auch nur erträglich geradlinig auszuspannen, eine Kraft, welche außerordentlich viel größer ist, als die Schwere des Fadens, die diesen aus der geraden Linie nach abwärts zieht. Am Trommelfell ist es nun nicht die Schwere, welche die Radialfasern desselben sich zu strecken verhindert, sondern es ist teils der Luftdruck, teils der elastische Zug, den die Ringfasern der Membran ausüben. Diese streben sich zusammenzuziehen gegen die Achse der trichterförmigen Membran hm und bringen dadurch die Einbiegung der Radialfasern gegen diese Achse hin hervor. Durch den wechselnden Luftdruck während der Schallschwingungen der äußeren Luft wird dieser Zug der Ringfasern bald verstärkt, bald geschwächt, was auf die mittlere Befestigungsstelle der Radialfasern an der Spitze des Hammerstiels so wirkt, als könnten wir die Schwere des horizontal gespannten Fadens abwechselnd verstärken und vermindern, was eine proportionale Verstärkung und Schwächung des Zuges, den der Faden auf die haltende Hand ausübt, hervorbringen würde.

Bei einem solchen horizontal ausgespannten Faden ist ferner zu bemerken, daß ein außerordentlich geringes Nachgeben der Hand schon eine beträchtliche Senkung der Mitte des Fadens nach sich zieht. Das Nachgeben der Hand geschieht nämlich in Richtung der Sehne des Bogens, und eine leichte geometrische Betrachtung lehrt, daß die Sehnen von Bögen gleicher Länge und verschiedener, aber immer sehr geringer Wölbung, unter einander und von der Länge des Bogens selbst außerordentlich wenig6) abweichen. Dies gilt nun ebenso vom Trommelfell. Der Stiel des Hammers braucht nur außerordentlich wenig nachzugeben, um doch eine ziemlich beträchtliche Veränderung in der Wölbung des Trommelfells zuzulassen. Die Folge davon ist, daß bei den Schallschwingungen die Teile des Trommelfells, welche mitten zwischen dem inneren Ansatz der Membran am Hammer und dem äußeren Ansatz am Paukenringe liegen, ziemlich ausgiebig den Oszillationen der Luft folgen können, während ihre Bewegung auf den Hammerstiel mit sehr verminderter Amplitude, aber sehr vermehrter Kraft übertragen wird. Beim Übergange der Bewegung vom Hammerstiel auf den Steigbügel erfolgt dann noch eine weitere mäßigere Reduktion der Schwingungsweite mit entsprechender Vermehrung der Kraft durch die oben erwähnte Hebelwirkung.

6) Sie weichen ab um einen Betrag, der dem Quadrate der Tiefe der Wölbung proportional ist. Nennen wir die Länge des Bogens l, und die Entfernung seiner Mitte von der Sehne s, so ist die Sehne kürzer als der Bogen

am die Größe 8/ .

Wir gehen jetzt über zur Beschreibung der innersten Abteilung des Gehörorganes, welche den Namen des Labyrinthes trägt. Ein Abguß seiner Höhlung ist in Fig. 43 von verschiedenen Seiten dargestellt. Der mittlere Teil desselben, an welchem sich das ovale Fenster Fv (Fenestra vestibuli) befindet, welches die Basis des Steigbügels aufnimmt, wird der Vorhof (Vestibulum) des Labyrinths genannt. Von ihm geht nach vorn und unten ein aufgerollter Kanal, die Schnecke (Cochlea), ab, an deren Anfang das runde Fenster Fc (Fenestra cochleae) gegen die Trommelhöhle gewendet liegt. Nach oben und hinten dagegen gehen von dem Vorhof drei bogenförmige Gänge ab, der horizontale, vertikale vordere und vertikale hintere Bogengang, deren jeder mit beiden Enden in den Vorhof mündet, und deren jeder an einem Ende eine flaschenförmige Erweiterung oder Ampulle (ha, vaa, vpa) zeigt. Der in der Figur noch dargestellte Aquaeductus vestibuli scheint (nach Herrn Fr. E. Weber's Untersuchungen) eine Kommunikation des Labyrinthwassers mit Lymphräumen der Schädelhöhle herzustellen; die rauhen Stellen Tsf und * entsprechen im Abgusse den Kanälen, welche die Nerven zuführen.

Diese ganze Höhlung des Labyrinths ist mit Wasser gefüllt, und umgeben von der außerordentlichen harten und dichten Knochenmasse des Felsenbeins, so daß nur zwei nachgiebige Stellen der Wand übrig bleiben, nämlich die beiden Fenster Fv und Fc, das ovale und das runde. Im ersteren steht, wie schon beschrieben, die Fußplatte des Steigbügels durch einen schmalen membranösen Saum eingeheftet; das letztere ist durch eine Membran geschlossen. Wird der Steigbügel eingetrieben gegen das ovale Fenster, so wird demnach die ganze Flüssigkeitsmasse des Labyrinths gegen das runde Fenster gedrängt, nur hier kann die Membran desselben nachgeben. Setzt man, wie Politzer getan, bei übrigens unverletztem Labyrinth ein fein ausgezogenes Glasröhrchen als Manometer in das runde Fenster ein, so wird das Wasser in diesem in die Höhe getrieben, sobald man stärkeren Luftdruck auf die äußere Seite des Trommelfells wirken läßt, und dadurch den Steigbügel in das ovale Fenster eindrängt.

Die Endigungen des Hörnerven befinden sich an feinen häutigen Gebilden, die zum Teil schwimmend, zum Teil ausgespannt in der Höhle des knöchernen Labyrinths liegen und zusammen das häutige Labyrinth bilden. Dieses bildet im Ganzen die Gestalt des knöchernen Labyrinthes nach; nur zeigt es geringere Weite der Kanäle und Höhlungen, und sein Rauminhalt zerfällt in zwei getrennte Abteilungen, nämlich einerseits den Utriculus mit den Bogengängen, und andererseits den Sacculus mit dem häutigen Schneckenkanal. Utriculus und Sacculus liegen beide im Vorhofe des knöchernen Labyrinths, ersterer dem Recessus ellipticus (Re, Fig. 43), letzterer dem Recessus sphaericus (Rs) gegenüber. Es sind schwimmende, selbst mit Wasser gefällte Säckchen, die nur an einer Seite, wo die Nervenfasern zu ihnen treten, der Wand anliegen.

Die Form des Utriculus mit den häutigen Bogengängen ist abgebildet in Fig. 44. Die Ampullen sind an den häutigen Bogengängen viel stärker hervorragend als an den knöchernen. Die häutigen Bogengänge selbst sind nach den neueren Untersuchungen von Rüdinger nicht schwimmend in den knöchernen, sondern an der konvexen Seite des knöchernen Kanals angeheftet. An jeder Ampulle findet sich eine wulstige, nach innen gewendete Hervorragung, in welche Fäden des Hörnerven eintreten, eine flachere verdickte Stelle am Utriculus. Die besondere Art, wie die Nerven hier enden, wird unten beschrieben werden. Ob dieselben mit dem ganzen Apparate der Bogengänge der Gehörsempfindung dienen. ist neuerdings äußerst zweifelhaft geworden.

Im Inneren des Utriculus befindet sich durch eine schleimige Masse unter sich, sowie mit der verdickten nervenreichen Stelle des Säckchens verbunden der aus kleinen Kalkkristallen bestehende Gehörsand. Neben dem Utriculus und ihm angeheftet, aber nicht mit ihm kommunizierend, liegt in der Höhle des knöchernen Vorhof's der Sacculus mit einer ähnlichen verdickten nervenreichen Stelle seiner Wand versehen. Durch einen engen Kanal steht er mit dem Kanal der häutigen Schnecke in Verbindung. Was die Höhlung der Schnecke betrifft, so ist diese, wie Fig. 43 zeigt, der des Gehäuses einer Weinbergschnecke durchaus ähnlich, nur ist der Schneckenkanal des Ohres durch eine quer verlaufende teils knöcherne, teils häutige Scheidewand in zwei fast vollständig von einander getrennte Gänge getrennt. Nur an der Spitze der Schnecke bleibt eine kleine Kommunikationsöffnung zwischen den beiden Gängen, das Helicotrema, begrenzt durch das hakenförmige Ende der Spindel, den Hamulus. Von den beiden Gängen, in welche der Kanal der knöchernen Schnecke getrennt wird, kommuniziert der eine direkt mit dem Vorhofe und wird deshalb die Vorhofstreppe (Scala vestibuli) genannt. Der andere Gang ist dagegen vom Vorhofe abgesperrt durch die häutige Scheidewand; doch liegt in seinem Anfang nächst der Basis der Schnecke das runde Fenster, durch dessen nachgiebige Membran er Erschütterungen mit der Luft der Paukenhöhle austauschen kann. Dieser zweite Gang wird deshalb die Paukentreppe (Scala tympani) genannt.

Endlich ist weiter zu bemerken, daß die häutige Scheidewand nicht eine einfache Membran ist, sondern selbst ein häutiger Kanal (Ductus cochlearis), der mit seinem inneren, gegen die Achse der Schnecke gekehrten Rande an die rudimentäre knöcherne Scheidewand (Lamina spiralis) der Schnecke angeheftet ist, mit einem Teil der gegenüberliegenden äußeren Fläche dagegen an die innere Fläche des knöchernen Ganges. Fig. 45 stellt die knöchernen Teile einer aufgebrochenen Schnecke dar, Fig. 46 einen Querschnitt des Kanals (nach links unten hin unvollständig geblieben). An beiden bezeichnet Ls den knöchernen Teil der Scheidewand, in Fig. 46 v und b die beiden freien Teile des häutigen Kanals. Der Querschnitt dieses Kanals ist, wie die Figur zeigt, nahehin dreieckig, so daß ein Winkel des Dreiecks bei L l s an den Rand der knöchernen Scheidewand angeheftet ist. Der Anfang des Ductus cochlearis an der Basis der Schnecke kommuniziert, wie schon angegeben ist, mit dem Sacculus im Vorhofe des Labyrinths durch einen engen häutigen Kanal. Von den beiden freien Streifen seiner häutigen Begrenzung ist der gegen die Vorhofstreppe gekehrte eine zarte, wenig Widerstand leistende Membran, die Reissner'sche Membran, v Fig. 46 (Membrana vestibularis), der andere die Membrana basilaris, b ist dagegen eine feste, straff gespannte elastische Membran, die in radialer Richtung, ihren starken Radialfasern entsprechend, gestreift ist. Sie spaltet sich leicht in Richtung dieser Fasern, was anzeigt, dass ihr Zusammenhang quer gegen ihre Radial- fasern nicht sehr fest ist. Auf der Membrana basilaris sind die Enden des Schneckennerven und deren Anhänge befestigt, was in Fig. 46 durch punktierte Linien angedeutet ist.

Wenn das Paukenfell durch vermehrten Luftdruck im Gehörgange nach innen getrieben wird, drängt es, wie oben auseinandergesetzt ist, auch die Gehörknöchelchen nach innen, und namentlich tritt dabei die Fußplatte des Steigbügels tiefer in das ovale Fenster ein. Die Flüssigkeit des Labyrinths, welche übrigens rings von festen Knochenwänden eingeschlossen ist, hat nur einen Ausweg, wohin sie vor dem Druck des Steigbügels ausweichen kann, nämlich das runde Fenster mit seiner nachgiebigen Membran. Dm dahin zu gelangen, muß aber die Labyrinthflüssigkeit entweder durch das Helicotrema, die enge Öffnung in der Spitze der Schnecke, hinübermessen von der Vorhofstreppe zur Paukentreppe, oder, da hierzu bei den Schallschwingungen wahrscheinlich nicht genügende Zeit ist, die membranöse Scheidewand der Schnecke gegen die Paukentreppe hindrängen. Das Umgekehrte muß bei Luftverdünnung im Gehörgange geschehen.

So werden also die Schallschwingungen der im äußeren Gehörgange enthaltenen Luft schließlich übertragen auf die Membranen des Labyrinths, namentlich die Schneckenmembran, und die dort ausgebreiteten Nerven.

Ich habe schon erwähnt, daß die Endausbreitungen dieser Nerven verbunden sind mit sehr kleinen elastischen Anhängen, die dazu bestimmt zu sein scheinen, durch ihre Schwingungen die Nerven in Erregung zu versetzen.

Was zunächst die Nerven des Vorhofs betrifft, so enden sie an den vorher erwähnten verdickten Stellen der Säckchen des häutigen Labyrinths, wo das Gewebe auch größere, fast knorpelartige Festigkeit hat. Eine solche mit Nerven versehene Stelle tritt in Form einer Leiste in dem Inneren der Ampulle eines jeden Bogenganges hervor, eine andere liegt an jedem der Säckchen des Vorhofs. Die Nervenfasern treten hier zwischen die zarten zylindrischen Zellen des feinen Häutchens (Epithelium), welches die innere Fläche der Leisten überzieht. In den Ampullen ragen, nach Max Schultze's Entdeckung, aus der inneren Fläche dieses Epitheliums ganz eigentümliche, steife, elastische Haare hervor, welche in Fig. 47 abgebildet sind. Sie sind viel länger als die Wimperhärchen der Flimmerzellen (beim Rochen 1/25 Linie lang), zerbrechlich, und laufen in eine sehr feine Spitze aus. Dergleichen feine und steife Härchen sind offenbar in hohem Grade geeignet, von den Bewegungen der Flüssigkeit mitbewegt zu werden, und dabei eine mechanische Reizung der in dem weichen Epithelium zwischen ihrer Basis liegenden Nervenfäden hervorzubringen.

Die betreffenden verdickten Leisten in den Vorhöfen, in welchen die Nervenenden liegen, zeigen nach Max Schultze dasselbe zarte Epithelium, in welches die Nervenfasern sich einsenken, und kurze leicht zerstörbare Haare. Ferner liegen ganz nahe der nervenreichen Oberfläche kalkige Concremente, die sogenannten Hörsteine (Otolithen), welche bei den Fischen zusammenhängende konvexkonkave Teilchen sind und an der konvexen Seite einen Eindruck von der Nervenleiste zeigen. Beim Menschen dagegen sind die Otolithen Häufchen kleiner kristallinischer Körperchen von länglich eckiger Gestalt, welche der Membran der Säckchen eng anliegen und an dieser festgeheftet zu sein scheinen. Auch diese Otolithen erscheinen in hohem Grade geeignet, bei jeder plötzlichen Bewegung des Labyrinthwassers eine mechanische Reizung der Nervenmasse auszuüben. Die feine und leichte Membran mit der eingewebten Nervenmasse folgt wahrscheinlich der Bewegung des Wassers augenblicklich, während die schwereren Kristallchen langsamer in Bewegung gesetzt werden und auch ihre Bewegung wieder langsamer abgeben, so daß sie dabei die benachbarte Nervenmasse teils zerren, teils pressen mögen. Dadurch werden aber die Bedingungen zur Reizung der Nerven ganz ähnlich wie in Heidenhain's Tetanomotor erfüllt. In diesem Instrumente wird ein Muskelnerv der Einwirkung eines sehr schnell schwingenden Elfenbeinhämmerchens ausgesetzt, so daß der Nerv bei jedem Schlage zwar gepreßt, aber nicht zerdrückt wird. Man erhält dadurch eine kräftige und anhaltende Erregung des Nerven, die sich durch eine anhaltende kräftige Zusammenziehung des von ihm abhängigen Muskels zu erkennen gibt. Für eine solche Art mechanischer Erregung erscheinen auch im Ohre die beschriebenen Teile passend angeordnet zu sein.

Viel komplizierter ist der Bau der Schnecke. Die Nervenfasern treten durch die Achse oder Spindel der Schnecke zunächst in den knöchernen Teil der Scheidewand, dann auf den häutigen; wo sie diesen erreichen, finden sich eigentümliche, erst in neuester Zeit vom Marchese Corti entdeckte Gebilde, nach ihm das Corti'sche Organ genannt, an welchen die Nerven endigen.

Die Ausbreitung des Schneckennerven ist dargestellt in Fig. 48 (a. v. S.). Derselbe tritt durch die Achse der Schnecke ein (2) und sendet seine Fasern in radialer Richtung von da durch die knöcherne Scheidewand (l, 3 und 4 der Figur) bis zu deren Rand vor; hier treten die Nerven zunächst unter den Anfang der Membrana basilaris, durchbohren diese dann in einer Reibe von Öffnungen, so daß sie in den Ductus cochlearis gelangen und zu den nervösen und elastischen Gebilden, die auf der inneren Zone (Zi) der Membran liegen.

Der Rand der knöchernen Scheidewand (a bis V) und die innere Zone der Membrana basilaris (a a') sind dargestellt nach Hensen in Fig. 49; die untere Seite der Zeichnung entspricht der Skala Tympani, die obere dem Ductus cochlearis. Hierin sind h und k die beiden Blätter der knöchernen Scheidewand, zwischen denen die Ausbreitung des Nerven 6 sich hindurchzieht. Die obere Seite der knöchernen Scheidewand trägt, wie auch Fig. 46 bei L l s zeigt, eine aus dichter Bindegewebsmasse bestehende Leiste (Z Fig. 49), die wegen der zahnförmigen Eindrücke auf ihrer oberen Seite als die Zahnleiste bezeichnet wird, und von welcher eine besondere elastische und durchlöcherte Membran, die Corti'sche Membran, M C, getragen wird, die der Membrana basilaris parallel bis zur Knochenwand an der äußeren Seite des Ganges ausgespannt ist und sich dort etwas oberhalb der ersteren anheftet. Zwischen den genannten beiden Membranen liegen nun die Teile, in und an denen die Nervenfasern enden.

Unter diesen sind die relativ festesten Gebilde die Corti'schen Bögen (Fig. 49 über g). Die Reihe dieser nebeneinanderliegenden Bögen besteht aus zwei Reihen von Stäbchen oder Fasern, einer inneren und einer äußeren. Ein einzelnes Paar derselben ist in Fig. 50 A, eine kleine Reihe ebenda unter B dargestellt, letztere an der Membrana basilaris festhaftend, und bei t noch in Verbindung mit dem gefensterten Gerüst, in welches sich die weiter zu beschreibenden Endzellen der Nerven (c Fig. 49) einfügen. Von Seite der Vorhofstreppe gesehen, sind diese Gebilde in Fig. 51 dargestellt; a ist hier die Zahnleiste, c die Öffnungen für den Nerven am inneren Rande der Membrana basilaris, deren äußerer Rand bei u u sichtbar ist; d ist die innere Reihe der Corti'schen Stäbe, e die äußere Reihe; über letzterer sieht man zwischen e und x die gefensterte Membran, an welche sich die Nervenendzellen anlegen.

Die Fasern erster Reihe sind platte, schwach S förmig gekrümmte Gebilde, die mit einer unteren Endanschwellung von der Grundmembran aufsteigen, an welche sie angeheftet sind, und oben mit einer Art Gelenkstück endigen, welches zur Verbindung mit den Fasern zweiter Reihe bestimmt ist. In Fig. 51 bei d sieht man eine große Zahl dieser aufsteigenden Fasern regelmäßig neben einander liegen. In derselben Weise sind sie auf der ganzen Länge der Schneckenmembran dicht neben einander gestellt, so daß man ihre Zahl auf viele Tausend schätzen muß. Ihre Seiten legen sich dicht an die der Nachbarn an, und scheinen sich selbst mit diesen zu verbinden, aber so, daß stellenweise offene Spalten in der Verbindungslinie stehen bleiben, durch welche wahrscheinlich Nervenfasern durchtreten. So bilden die Fasern erster Reihe zusammengenommen eine Art steifer Leiste, die sich, sobald die natürlichen Befestigungen keinen Widerstand mehr leisten, steil aufrecht zu stellen strebt, wobei sich die Grundmembran zwischen den Ansatzstellen der Corti'schen Bögen d und e zusammenfaltet.

Die Fasern zweiter Reihe, welche den absteigenden Teil des Bogens e, Fig. 50, bilden, sind glatte biegsame zylindrische Fäden mit verdickten Enden. Das obere Ende bildet eine Art Gelenkstück zur Verbindung mit den Fasern erster Reihe, das untere Ende ist glockenförmig erweitert und haftet der Grundmembran fest an. In den mikroskopischen Präparaten sieht man sie meist mannigfaltig gebogen; doch kann wohl kein Zweifel darüber sein, daß sie in ihrer natürlichen Verbindung gestreckt und einigermaßen gespannt sind, so daß das obere Gelenkende der Fasern erster Reihe durch sie herabgezogen wird. Während die Fasern erster Reihe vom inneren Rande der Membran aufsteigen, welcher verhältnismäßig wenig erschüttert werden kann, heften sich die Fasern zweiter Reihe ziemlich in der Mitte der Membran an, also gerade da, wo deren Schwingungen am ausgiebigsten sein müssen. Wird der Druck des Labyrinthwassers in der Paukentreppe durch den in das ovale Fenster eindrängenden Steigbügel vermehrt, so muß die Grundmembran nach unten weichen, die Faser zweiter Reihe stärker gespannt werden, und vielleicht wird die entsprechende Stelle der ersten Faserreihe etwas nach unten gebogen. Übrigens erscheint es nicht sehr wahrscheinlich, daß die Fasern erster Reihe sich einzeln viel bewegen, denn ihre seitlichen Verbindungen sind doch stark genug, daß, wenn man sie bei der anatomischen Präparation von ihrer Befestigung löst, sie zuweilen in langen Reihen zusammenhängend bleiben, wie eine Art Membran. Daß das Corti'sche Organ ein Apparat sei, geeignet die Schwingungen der Grundmembran aufzunehmen und selbst in Schwingung zu geraten, darüber kann die ganze Anordnung keinen Zweifel lassen, aber es läßt sich mit unseren gegenwärtigen Kenntnissen noch nicht sicher bestimmen, in welcher Weise diese Schwingungen vor sich gehen. Dazu müßte man die Festigkeit der einzelnen Teile, den Grad ihrer Spannung und ihrer Biegsamkeit erst besser beurteilen können, als es die bisherigen Beobachtungen an den isolierten Teilen, wie sie sich eben zufällig unter dem Mikroskope gelagert haben, erkennen lassen.

Die Corti'schen Fasern sind nun umsponnen und umgeben von einer Menge sehr zarter und vergänglicher Gebilde, Fasern und Zellen verschiedener Art, teils feinsten Ausläufern von Nervenfasern mit zugehörigen Nervenzellen, teils Bindegewebfasern, welche als ein Stützapparat zur Befestigung und Suspension der Nervengebilde zu dienen scheinen.

Fig. 49 zeigt diese Teile am besten im Zusammenhange. Sie gruppieren sich als ein Wulst weicher Zellen auf beide Seiten und in dem Inneren der Corti'schen Bögen. Die wichtigsten darunter scheinen die mit Härchen versehenen Zellen bei c und d zu sein, welche ganz die Bildung der Härchenzellen in den Ampullen und im Utriculus haben. Sie scheinen direkt mit feinen varikösen Nervenfasern zusammenzuhängen, und bilden den konstantesten Teil unter den Gebilden der Schnecke; denn bei den Vögeln und Reptilien, wo die Struktur der Schnecke viel einfacher ist, und selbst die Corti’schen Bögen fehlen, sind es gerade diese Härchenzellen, die man überall wiederfindet und deren Härchen so gestellt sind, daß sie an die Corti'sche Membran bei den Schwingungen der Membrana basilaris anstoßen können. Die Zellen bei a und a1, Fig. 49, die sich in Fig. 51 bei b und n in aufgeschwollenerem Zustande zeigen, scheinen nur den Charakter eines Epithelium zu haben. In Fig. 51 sieht man außerdem Faserzüge und Fasernetze, die teils nur Stützfasern bindegewebiger Natur sein mögen, teils durch ihr perlschnurartiges Aussehen sich als feinste Nervenfaserzüge charakterisieren. Es sind gerade diese Teile so zart und vergänglich, daß über ihren Zusammenhang und ihre Bedeutung noch vielfache Zweifel bestehen.

Das wesentliche Ergebnis unserer Beschreibung des Ohres fassen wir demnach dahin zusammen, daß wir die Enden des Hörnerven überall mit besonderen teils, elastischen, teils festen Hilfsapparaten verbunden gefunden haben, welche unter dem Einflusse äußerer Schwingungen in Mitschwingung versetzt werden können, und dann wahrscheinlich die Nervenmasse erschüttern und erregen. Nun ist schon im dritten Abschnitte auseinandergesetzt worden, daß die Vorgänge des Mittönens für die Beobachtung ein sehr verschiedenes Verhalten zeigen, je nachdem der mitschwingende Körper, einmal in Bewegung gesetzt, lange nachtönt, oder seine Bewegung schnell verliert. Körper, welche, einmal angeschlagen, lange nachtönen, wie Stimmgabeln, sind des Mittönens in hohem Grade fähig trotz der Schwerbeweglichkeit ihrer Masse, weil sie eine lange Summierung der an sich sehr kleinen Anstöße zulassen, welche jede einzelne Schwingung des erregenden Tones auf sie ausübt. Aber eben deshalb muß auch die allergenaueste Übereinstimmung herrschen zwischen dem eigenen Tone der Gabel und der Tonhöhe des erregenden Tones, weil sonst die Anstöße durch die späteren Luftschwingungen nicht fortdauernd regelmäßig in dieselbe Schwingungsphase fallen können, wo sie die Nachwirkungen der früheren Anstöße verstärken. Nimmt man dagegen Körper, deren Ton schnell verklingt, z. B. aufgespannte Membranen oder dünne leichte Saiten, so werden diese ebenfalls die Erscheinung des Mittönens zeigen, wenn die schwingende Luft Gelegenheit hat auf sie einzuwirken, aber ihr Mittönen wird nicht so beschränkt auf eine gewisse Tonhöhe sein, sie werden von ziemlich verschiedenartigen Tönen leicht bewegt werden. Denn wenn ein elastischer Körper einmal angestoßen und danach frei forttönend nach 10 Schwingungen seine Bewegung nahehin verloren hat, wird es nicht darauf ankommen, ob neue Anstöße, die er nach Ablauf dieser Zeit empfängt, mit den früheren vollständig übereinstimmend wirken, wie es bei einem anderen tönenden Körper nötig sein würde, bei welchem die durch den ersten Anstoß erzeugte Bewegung noch fast unverändert besteht, wenn ihn der zweite Anstoß trifft. Im letzteren Falle wird der zweite Anstoß die Bewegung nur dann vermehren können, wenn er gerade in eine solche Phase der Schwingung fällt, wo seine Richtung mit der der schon bestehenden zusammentrifft.

Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Verhältnissen läßt sich ganz unabhängig von der Natur des mittönenden Körpers genau berechnen, und da dies für die Beurteilung der Verhältnisse im Ohre wichtig ist, habe ich hier folgend eine kleine Tabelle dafür gegeben7). Man denke sich einen mittönenden Körper, der zuerst durch einen genau gleichgestimmten Ton in das Maximum der Schwingung versetzt sei; der erregende Ton werde nun geändert bis die Intensität des Mitschwingens bis auf 1/10 des früheren Werts verringert ist. Die Größe dieser Tondifferenz ist in der ersten Columne der folgenden Tabelle angegeben. Nun sei derselbe tönende Körper angeschlagen worden, und man lasse ihn ungehindert austönen. Es werde beobachtet, nach wie vielen seiner Schwingungen die Intensität seines Tones auf 1/10 ihres Anfangswertes reduziert sei. Die Anzahl dieser Schwingungen ist in der zweiten Columne angegeben.

7) Die Art ihrer Berechnung ist m Beilage X. näher auseinandergesetzt.
 
 
 
 

Differenz der Tonhöhe, durch welche die Intensität des Mitschwingens auf 1/10 reduziert wird. Zahl der Schwingungen, nach welcher die Intensität des ausklingenden Tons auf 1/10 reduziert wird.
l. Ein achtel Ton .... 38.00
2. Ein viertel Ton .... 19.00
3. Ein halber Ton .... 9.50
4. Drei viertel Ton .... 6.33
5. Ein ganzer Ton .... 4.75
6. Fünf viertel Ton . . . 3.80
7. Kleine Terz (3/2 Ton) . 3.17
8. Sieben viertel Ton . . . 2.71 
9. Große Terz (2 Töne) . . 2.37

 

Wenn wir nun auch für das Ohr und dessen einzelne Teile noch nicht genau ermitteln können, wie lange sie nachklingen, so lassen uns doch bekannte Erfahrungen ungefähr beurteilen, in welche Gegend der in unserer Tabelle aufgestellten Skala die Teile des Ohres etwa zu stellen sein müssen. Es können im Ohre natürlich keine Teile vorhanden sein, die etwa so lange wie eine Stimmgabel nachklingen, denn das würde sich schon der gewöhnlichen Beobachtung gleich verraten. Aber auch wenn im Ohre Teile wären, welche nur der ersten Stufe unserer Tafel entsprechen und 38 Schwingungen brauchten, um bis auf 1/10 auszuklingen, so würden wir dies bei tieferen Tönen erkennen. Denn 38 Schwingungen erfordern beim A ein Drittel einer Sekunde, beim a ein Sechsteil, beim a' ein Zwölfteil u. s. w. So langes Nachklingen würde jede schnelle Bewegung innerhalb der ungestrichenen und eingestrichenen Oktave unmöglich machen; es würde, wenn es im Ohre selbst stattfände, für Musik ebenso störend sein, wie starke Resonanz in einem gewölbten Raume, oder Entfernung des Dämpfers am Pianoforte. Beim Trillern können wir sehr gut 8 bis 10 Anschläge in der Sekunde machen, so daß jeder der beiden Tone 4 oder 5 Mal angeschlagen wird. Wenn nun der erste Ton vor dem Ende des zweiten noch nicht verklungen ist, oder wenigstens so weit vermindert ist, daß man ihn neben dem andern nicht mehr wahrnimmt, so würden die beiden Töne des Trillers nicht jeder für sich deutlich hervortreten können, sondern man würde fortdauernd ein Gemisch beider Töne hören. Dergleichen Triller von je 10 Schlägen auf die Sekunde sind nun im größten Teile der Skala scharf und klar auszuführen, aber allerdings vom A abwärts in der großen und Kontra-Oktave klingen sie schlecht und rauh und ihre Töne fangen an sich zu vermischen. Es läßt sich auch leicht zeigen, daß hieran nicht der Mechanismus der Instrumente Schuld ist. Wenn man z. B. auf der Physharmonica trillert, so sind die Tasten der tiefen Töne genau ebenso gebaut und ebenso leicht zu bewegen als die der höheren. Jeder einzelne Ton ist ganz sicher und vollständig abgeschnitten, sobald die Klappe auf den Luftkanal gefallen ist, und jeder spricht auch in dem Moment an, wo die Klappe geöffnet wird, weil die Zungen während einer so kurzen Unterbrechung in Schwingung bleiben. Ähnlich ist es am Violoncell. In dem Moment, wo der trillernde Finger auf die Saite gesetzt ist, muß diese in die andere Schwingungsperiode übergehen, die ihrer jetzigen Länge entspricht; und in dem Moment, wo der Finger entfernt ist, muß die Vibration eintreten, die dem früheren Tone entspricht, und doch ist der Triller in der Tiefe so unvollkommen, wie auf jedem anderen Instrumente. Auf dem Klavier sind Läufe und Triller in der Tiefe noch verhältnismäßig am besten auszuführen, weil in dem Augenblicke des Anschlags der neue Ton mit großer und schnell abnehmender Intensität erklingt. Daher hört man wenigstens neben dem unharmonischen Lärme, den das gleichzeitige Bestehen beider Töne hervorbringt, auch die einzelnen Töne scharf hervordringen. Da die Schwierigkeit, in der Tiefe schnell zu trillern, also für alle musikalischen Instrumente dieselbe ist und an einzelnen Instrumenten erweislich von der Weise, wie die Töne hervorgebracht werden, ganz unabhängig ist, so müssen wir schließen, daß wir es hier mit einer Schwierigkeit zu tun haben, die im Ohre selber liegt. Es ist dies eine Erscheinung, welche deutlich darauf hinweist, daß die Dämpfung der schwingenden Teile für tiefe Töne im Ohre nicht genügend stark und schnell ist, um einen so raschen Wechsel von Tönen ungestört zu Stande kommen zu lassen.

Ja diese Tatsache beweist weiter, daß es verschiedene Teile des Ohres sein müssen, welche durch verschieden hohe Töne in Schwingung versetzt werden, und diese Töne empfinden. Man könnte nämlich daran denken, daß die schwingungsfähige Masse des ganzen Ohres, Trommelfell, Gehörknöchelchen und Labyrinthwasser zusammengenommen, schwingen könnte, und daß es von der Trägheit dieser Masse abhinge, wenn die Tonschwingungen im Ohre nicht gleich erlöschen. Aber eine solche Annahme würde nicht genügend sein, die besprochene Tatsache zu erklären. Wenn nämlich ein elastischer Körper durch einen Ton in Mitschwingung versetzt wird, so schwingt er mit in der Schwingungszahl des erregenden Tones; sowie der erregende Ton aufhört, klingt er aber aus in der Schwingungszahl seines eigenen Tones. Diese Tatsache, welche aus der Theorie folgt, läßt sich an Stimmgabeln mittels des Vibrationsmikroskops ganz scharf erweisen.

Wenn nun das Ohr als ganzes System schwingt, und eines merklichen Nachschwingens fähig ist, muß es dies tun in seiner eigenen Schwingungszahl, welche ganz unabhängig ist von der Schwingungszahl des vorausgegangenen Tones, der diese Schwingungen etwa erregt hat. Daraus würde also folgen, daß erstens die Triller auf hohen und tiefen Tönen gleich schwierig sein müßten, und zweitens, daß die beiden Töne des Trillers nicht mit einander sich vermischen könnten, sondern daß jeder sich vermischen würde mit einem dritten Tone, der dem Ohre selbst angehört. Einen solchen Ton haben wir schon kennen gelernt im vorigen Abschnitte, das hohe f"". Der Erfolg würde also unter diesen Umständen ein ganz anderer sein, als wir ihn wirklich beobachten.

Wenn nun auf dem A von 110 Schwingungen ein Triller mit 10 Anschlägen in der Sekunde ausgeführt wird, so wird derselbe Ton nach je 1/5 Sekunde immer wieder angeschlagen. Wir dürfen wohl annehmen, daß der Triller nicht klar sein würde, wenn die Intensität des ausklingenden Tones nach 1/5 Sekunde nicht mindestens auf 1/10 vermindert wäre. Daraus folgt, daß nach mindestens 22 Schwingungen die beim A mitschwingenden Teile des Ohres auf 1/10 der früheren Tonstärke herabkommen müssen, wenn sie ausklingen, daß ihr Mitschwingen also nicht der ersten, wohl aber der zweiten, dritten oder einer noch höheren Stufe unserer Tafel entsprechen kann. Daß die Stufe wenigstens keine sehr viel höhere sein kann, geht zunächst daraus hervor, daß die Triller und Läufe schon auf wenig tiefer liegenden Tönen anfangen schwierig; zu werden. Dasselbe werden später zu besprechende Beobachtungen über Schwebungen lehren. Wir werden im Ganzen annehmen können, daß die mitschwingenden Teile im Ohre etwa den Grad der Dämpfung zeigen, der der dritten Stufe unserer Tabelle entspricht, wo die Intensität des Mitschwingens bei 1/2 Tonstufe Differenz nur noch 1/10 von der bei vollem Einklange ist. Es kann hier natürlich von einer genauen Bestimmung nicht die Rede sein aber es ist schon wichtig, daß wir uns wenigstens einen annähernden Begriff von dem Einflusse der Dämpfung auf das Mitschwingen im Ohre machen. Es ist dies von einflußreicher Bedeutung für die Verhältnisse der Konsonanz. Wenn wir also im Folgenden davon sprechen werden, daß einzelne Teile des Ohres für einen be- stimmten Ton mittönen, so ist es so zu verstehen, daß sie durch diesen Ton zwar am stärksten in Bewegung gesetzt werden, in schwächerem Grade aber doch auch durch die benachbarten, so daß auch bei der Differenz eines halben Tones ihr Mitschwingen wenigstens noch merklich ist. Um eine Übersicht von dem Gesetze zu geben, nach welchem die Intensität des Mitschwingens abnimmt, wenn die Differenz der Tonhöhe zunimmt, diene die nebenstehende Fig. 52. Die Horizontallinie abc stellt einen Teil der musikalischen Skala vor, und zwar ab und bc jedes die Breite eines ganzen Tones. Ein mitschwingender Körper sei auf den Ton b gestimmt, und die Vertikallinie bd bezeichne das Maximum der Intensität des Tones, welchen er bei vollem Einklange mit dem erregenden Tone gibt. Auf der Grundlinie ist die Breite jedes ganzen Tones in Zehnteile geteilt, und die darüber stehenden Höhen bezeichnen die zugehörige Tonintensität des mitschwingenden Körpers, wenn der erregende Ton am die betreffende Differenz von dem Einklange abweicht.

Ich lasse hier die Zahlen folgen, nach denen die Fig. 52 konstruiert ist:
 

Differenz der Tonhöhe Intensität des Mitschwingens
0,0 100
0,1 74
0,2 41
0,3 24
0,4 15
Halber Ton 10
0,6 7,2
0,7 5,4
0,8 4,2
0,9 3,3
Ganzer Ton 2,7 

 

Welche Teile im Ohre es nun sind, die bei den einzelnen Tönen mitschwingen, läßt sich allerdings nicht mit Sicherheit nachweisen. Für den Menschen und die Säugetiere können wir in dieser Beziehung vorläufig nur Vermutungen aufstellen. Ihrer ganzen Konstruktion nach erscheint die Schneckenscheidewand mit den auf ihr gelagerten Corti'schen Bögen am ehesten geeignet, selbständige Schwingungen auszuführen. Die Fähigkeit, lange Zeit ohne Unterstützung fortzuschwingen, brauchen wir ja auch nicht von ihnen zu verlangen.

Sollen diese Gebilde aber zur Unterscheidung von Tönen verschiedener Höhe dienen, und sollen Töne verschiedener Höhe aus allen Gegenden der Skala gleich gut perzipiert werden, so ist es nötig, daß die mit verschiedenen Nervenfasern verbundenen elastischen Gebilde in der Schnecke verschieden abgestimmt seien, und ihre Eigentöne eine regelmassige Stufenfolge durch die ganze Länge der musikalischen Skala bilden.

Den neueren anatomischen Ermittelungen von V. Hensen und C. Hasse zufolge ist es wahrscheinlich die verschiedene Breite der Membrana basilaris der Schnecke, auf der diese Abstimmung beruht8). Die genannte Membran ist an ihrem Anfange, dem ovalen Fenster gegenüber, verhältnismäßig schmal, und wird immer breiter, je mehr sie sich der Kuppel der Schnecke nähert. V. Hensen hat bei einem Neugeborenen zwischen der Durchtrittslinie der Nervenfasern am inneren Rande bis zum Ansatz an das Ligamentum Spirale am äußeren Rande folgende Maße gefunden:
 

Ort des Querschnitts. Breite der Membran
0,2625 mm von der Wurzel entfernt ...... 0,04125 mm
0,8626 mm von der Wurzel entfernt ...... 0,0825 mm
2 Viertel der l. Windung ......................... 0,169 mm
Ende der l. Windung ............................... 0,3 mm
Mitte der 2. Windung .............................. 0,4125 mm
Ende derselben ........................................ 0,45 mm
Am Hamulus ........................................... 0,495 mm

 

8) In der ersten Auflage dieses Buches, welche zu einer Zeit geschrieben wurde, wo die Studien über die feinere Anatomie der Schnecke noch erst in der Entwickelung begriffen waren, habe ich die Voraussetzung gemacht, daß die verschiedene Festigkeit und Spannung der Corti'schen Stäbchen den Grund der verschiedenen Abstimmung geben könnte. Durch Hensen's Messungen der Breite der Membrana basilaris (Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Bd. XIII. S. 492) und Hasse's Nachweis, daß die Corti'schen Bögen bei den Vögeln und Amphibien fehlen, sind nun viel bestimmtere Anhaltspunkte für das Urteil gegeben, als ich damals hatte.
 
 
 
 

Die Breite wächst also vom Anfang bis zum Ende auf mehr als das Zwölffache.

Die Corti'schen Stäbchen zeigen ebenfalls eine Größenzunahme gegen die Kuppel der Schnecke hin, aber in viel geringerem Maße, als die Membrana basilaris. Es beträgt nach Hensen:
 

 

am runden Fenster am Hamulus
Die Länge des inneren Stäbchens ....... 0,048 mm 0,0855 mm
Die Länge des äußeren Stäbchens ....... 0,048 mm 0,098 mm
Die Spannweite des Bogens ................ 0,019 mm 0,085 mm

 

Daraus folgt, wie auch Henle bestätigt hat, daß die größte Zunahme der Breite auf die äußere Zone der Grundmembran fällt, jenseits der Ansatzlinie der äußeren Stäbchen. Diese wächst von 0,023 mm auf 0,41mm, fast auf das Zwanzigfache.

Diesen Maßen entsprechend stehen die beiden Reihen Corti'scher Stäbchen am runden Fenster einander fast parallel steil in die Höhe, während sie gegen die Kuppel hin stärker gegen einander geneigt sind.

Aus dem schon erwähnten Umstande, daß die Membrana basilaris der Schnecke sehr leicht in radialer Richtung zerreißt, während ihre radialen Fasern einen ziemlich hohen Grad von Festigkeit haben, scheint mir ein in mechanischer Beziehung sehr wichtiges Verhältnis zu folgen; daß nämlich diese Membran auch in ihrer natürlichen Befestigung zwar in der Richtung quer von der Spindel gegen die äußere Schneckenwand stark gespannt sein kann, jedenfalls aber in Richtung ihrer Länge nur schwach gespannt ist. In dieser Richtung würde sie nämlich einer stärkeren Spannung gar nicht widerstehen können.

Nun verhält sich, wie die mathematische Theorie zeigt9), eine Membran, welche nach verschiedenen Richtungen hin verschieden gespannt ist, bei ihren Schwingungen sehr viel anders, als es eine nach allen Richtungen hin gleich gespannte Membran tun würde. Auf letzterer verbreiten sich Schwingungen, die auf einem Teile eingeleitet sind, gleichmäßig nach allen Richtungen hin, und es würde bei gleichmäßiger Spannung unmöglich sein, einen Teil der Membrana basilaris in Schwingung zu versetzen, ohne nahehin ebenso starke Schwingungen, abgesehen von etwa sich bildenden einzelnen Knotenlinien, in allen anderen Teilen der Membran hervorzurufen.

9) Siehe Beilage XI. Wenn aber die Spannung in Richtung der Länge verschwindend klein ist gegen die Spannung in Richtung der Breite, dann verhält sich die Membrana basilaris annähernd so, als wären ihre Radialfasern ein System von gespannten Saiten, deren membranöse Querverbindung nur dazu dient, dem Drucke der Flüssigkeit gegen diese Saiten eine Handhabe zu geben. Dann werden die Gesetze ihrer Bewegung dieselben sein, als wäre jede einzelne dieser Saiten in ihrer Bewegung unabhängig von den anderen und folgte, jede für sich, der Einwirkung des periodisch wechselnden Druckes des Labyrinthwassers in der Vorhofstreppe. Es würde demnach ein erregender Ton namentlich diejenige Stelle der Membran in Mitschwingen versetzen, wo der Eigenton der gespannten und mit den verschiedenen Anhangsgebilden belasteten Radialfasern der Membran dem erregenden Tone am nächsten entspricht; von da würden sich die Schwingungen in schnell abnehmender Stärke auf die benachbarten Teile der Membran ausbreiten. Die Fig. 52 auf Seite 237 würde geradezu mit übertriebener Höhe den Längsschnitt derjenigen Gegend der schwingenden Membrana basilaris darstellen können, wo der Eigenton der Radialfasern der Membran dem erregenden Tone am nächsten entspricht.

Die größere oder geringere Beschränkung des stark schwingenden Teils der Membran würde, wie schon vorher für die mitschwingenden Körper im Allgemeinen auseinandergesetzt ist, von dem Grade der Dämpfung abhängen, den die Schwingungen der Membran durch die benachbarten Teile erleiden, namentlich durch die Reibung im Labyrinthwasser und in den gallertartigen weichen Teilen des Nervenwulstes.

Es werden unter diesen Umständen diejenigen Teile der Membran, welche mit den höheren Tönen im Einklang sind, in der Nähe des runden Fensters, die für die tieferen Töne in der Nähe der Kuppel der Schnecke zu suchen sein, wie dies schon Hensen aus seinen Messungen gefolgert hat. Daß so kurze Saiten dennoch auf so tiefe Töne antworten können, würde sich erklären durch den Umstand, daß die genannten Saiten der Membrana basilaris stark belastet sind mit allerlei festen Gebilden, namentlich kommt aber auch das Wasser der beiden Schneckentreppen als Belastung in Betracht, da sich ohne eine Art Wellenbewegung in diesem die Membran gar nicht bewegen kann.

Was die Corti'schen Bögen auf der Grundmembran der Schnecke betrifft, so zeigen zunächst die Beobachtungen von Hasse, daß sie in der Schnecke der Vögel und Amphibien fehlen, während die übrigen wesentlichen Teile der Schnecke, namentlich die Membrana basilaris, die mit den Nervenenden in Verbindung stehenden haartragenden Zellen und die den Enden dieser Härchen gegenüber gestellte Corti'sche Membran auch dort vorhanden sind. Daraus wird nun allerdings sehr wahrscheinlich, daß die Corti’schen Bögen nur eine Nebenrolle in den Leistungen der Schnecke spielen. Man könnte den Nutzen der Corti'schen Bögen vielleicht darin suchen, daß sie als relativ feste Gebilde die Schwingungen der Grundmembran auf abgegrenzte enge Bezirke des oberen Teiles des relativ dicken Nervenwulstes besser übertragen, als dies durch unmittelbare Mitteilung der Schwingungen von der Grundmembran durch die weiche Masse dieses Wulstes hindurch geschehen würde. Ganz dicht von dem oberen Ende des Bogens nach außen und mit ihm noch durch die steiferen Faserzüge der Membrana reticularis verbunden, stehen die härchentragenden Zellen des Nervenwulstes (s. Fig. 49 bei c). Bei den Vögeln dagegen bilden die härchentragenden Zellen eine dünne Schicht auf der Grundmembran, welche abgegrenzte Schwingungen derselben leicht aufnehmen wird, ohne sie allzu weit nach den Seiten hin mitzuteilen.

Dieser Ansicht gemäß würden es also in letzter Instanz die Corti'schen Bögen sein, welche, von der Grundmembran aus erschüttert, deren Schwingungen den Endorganen der Nervenleitung mitteilten. In diesem Sinne bitte ich es weiterhin zu verstehen, wenn von Schwingungen, Eigenton, Abstimmung der Corti'schen Bögen die Rede ist; es ist dann immer die Abstimmung, wie sie sie durch ihre Verbindung mit dem betreffenden Teile der Grundmembran. erhalten, gemeint.

Nach Waldeyer sind etwa 4500 äußere Bogenfasern in der menschlichen Schnecke enthalten. Rechnen wir 300 auf die außerhalb der in der Musik gebrauchten Grenzen liegenden Töne, deren Tonhöhe nur unvollkommen aufgefaßt wird, so bleiben 4200 für die sieben Oktaven der musikalischen Instrumente, d. h. 600 für jede Oktave, 50 für jeden halben Ton, jedenfalls genug, um die Unterscheidung kleiner Teile eines halben Tones, so weit eine solche möglich ist, zu erklären. Nach Herrn W. Preyer's Untersuchungen können geübte Musiker in der zweigestrichenen Oktave Unterschiede von 0,5 einer Schwingung in der Sekunde sicher erkennen. Das wären 1000 unterscheidbare Tonstufen in der Oktave zwischen 500 und 1000 Schwingungen für die Sekunde. Gegen die Grenzen der Skala hin ist die Unterscheidungsfähigkeit eine geringere. Mit Berücksichtigung davon erscheinen die 4200 Corti'schen Bögen wohl als ausreichend, um diesen Grad von Feinheit der Unterscheidung herzustellen. Aber selbst wenn sich herausstellen sollte, daß eine viel größere Zahl als 4200 Tonstufen in der ganzen Skala unterscheidbar wären, so läge darin kein Hindernis für unsere Annahme. Denn wenn ein Ton angegeben wird, dessen Höhe zwischen der von zwei benachbarten Corti'schen Bögen liegt, so wird er beide in Mitschwingung versetzen, denjenigen aber stärker, dessen eigenem Tone er näher liegt. Wie kleine Abstufungen der Tonhöhe in dem Intervalle zweier Fasern wir noch werden unterscheiden können, wird also schließlich nur abhängen von der Feinheit, mit welcher die Erregungsstärke der beiden entsprechenden Nervenfasern verglichen werden kann. Eben daher erklärt es sich, daß bei kontinuierlich steigender Höhe des äußeren Tones auch unsere Empfindung sich kontinuierlich verändert und nicht stufenweise springt, wie es der Fall sein müßte, wenn immer nur je ein Corti'scher Bogen in Mitschwingen versetzt würde.

Ziehen wir weiter die Folgerungen aus unserer Hypothese. Wird ein einfacher Ton dem Ohre zugeleitet, so müssen diejenigen Corti'schen Bögen, die mit ihm ganz oder nahehin im Einklang sind, stark erregt werden, alle anderen schwach oder gar nicht. Es wird also jeder einfache Ton von bestimmter Höhe nur durch gewisse Nervenfasern empfunden werden, und verschieden hohe Töne werden verschiedene Nervenfasern erregen. Wenn ein zusammengesetzter Klang oder ein Akkord dem Ohre zugeleitet wird, so werden alle diejenigen elastischen Gebilde erregt werden, deren Tonhöhe den verschiedenen in der Klangmasse enthaltenen einzelnen Tönen entspricht, und bei gehörig gerichteter Aufmerksamkeit werden also auch alle die einzelnen Empfindungen der einzelnen einfachen Töne einzeln wahrgenommen werden können. Der Akkord wird in seine einzelnen Klänge, der Klang in seine einzelnen harmonischen Töne zerlegt werden müssen.

Dadurch würde nun auch eine Erklärung dafür gewonnen sein, warum das Ohr die Luftbewegungen gerade in pendelartige Schwingungen zerlegt. Jedes einzelne Luftteilchen kann zu jeder Zeit natürlich nur eine. Bewegung ausführen. Daß wir eine solche Bewegung in der mathematischen Theorie als eine Summe von pendelartigen Schwingungen betrachteten, war zunächst eine willkürliche Fiktion, zur Bequemlichkeit der Theorie eingeführt, ohne eine reelle Bedeutung. Eine solche haben wir für diese Zerlegung erst in der Betrachtung des Mitschwingens gefunden, da eine periodische Bewegung, die nicht pendelartig ist, Körper von verschiedener Tonhöhe, entsprechend den harmonischen Obertönen, zum Mittönen bringen kann. Und nun haben wir durch unsere Hypothese auch die Phänomene des Hörens auf solche des Mittönens zurückgeführt, und finden darin den Grund, warum die ursprünglich einfache periodische Bewegung der Luft eine Summe von verschiedenen Empfindungen hervorbringt und deshalb auch für die Wahrnehmung als zusammengesetzt erscheint.

Die Empfindung verschiedener Tonhöhen wäre hiernach also eine Empfindung in verschiedenen Nervenfasern. Die Empfindung der Klangfarbe würde darauf beruhen, daß ein Klang außer den seinem Grundtone entsprechenden Corti'schen Bögen noch eine Anzahl anderer in Bewegung setzte, also in mehreren verschiedenen Gruppen von Nervenfasern Empfindungen erregte.

In physiologischer Beziehung ist hier noch zu bemerken, daß durch diese Annahme die verschiedene Qualität der Gehörempfindungen nach Tonhöhe und Klangfarbe zurückgeführt wird auf die Verschiedenheit der Nervenfasern, welche in Erregung versetzt werden. Es ist dies ein Schritt ähnlicher Art, wie ihn in einem größeren Gebiete Johannes Müller durch seine Lehre von den spezifischen Sinnesenergien getan hat. Er hat nachgewiesen, daß der Unterschied der Empfindungen verschiedener Sinne nicht abhängig sei von den äußeren Einwirkungen, welche die Empfindung erregen, sondern von den verschiedenen Nervenapparaten, welche sie aufnehmen. Wir können uns durch den Versuch davon überzeugen, daß der Gesichtsnerv und seine Ausbreitung die Netzhaut des Auges, wie sie auch gereizt werden mögen, durch Licht, durch Zerrung, durch Druck oder durch Elektrizität, immer nur Lichtempfindung haben, daß die Tastnerven dagegen immer nur Tastempfindungen, nie Lichtempfindung, oder Gehörempfindung oder Geschmacksempfindungen hervorbringen. Dieselben Sonnenstrahlen, welche vom Auge als Licht empfunden werden, empfinden die Nerven der Hand als Wärme, dieselben Erschütterungen, welche die Hand als Schwirren empfindet, empfindet das Ohr als Ton.

Wie das Ohr Schwingungen von verschiedener Dauer als Töne verschiedener Höhe auffaßt, erregen Ätherschwingungen von verschiedener Dauer im Auge die Empfindung verschieden er Farben; die schnellsten die des Violett und Blau, die mittleren des Grün und Gelb, die langsamsten des Rot. Die Gesetze der Farbenmischung führten Thomas Young zu der Hypothese, daß es im Auge dreierlei Nervenfasern gebe, denen verschiedene Art der Empfindung zukäme, nämlich Rotempfindende, Grünempfindende und Violettempfindende. In der Tat gibt diese Annahme eine sehr einfache und vollständig konsequente Erklärung sämtlicher Gesichtserscheinungen, die sich auf die Farben beziehen. Dadurch werden also die qualitativen Unterschiede der Gesichtsempfindungen zurückgeführt auf die Verschiedenartigkeit der empfindenden Nerven. Es bleiben dann für die Empfindungen jeder einzelnen Sehnervenfaser nur die quantitativen Unterschiede stärkerer und schwächerer Reizung übrig.

Dasselbe tut die Hypothese, auf welche uns unsere Untersuchung der Klangfarbe geführt hat, für das Gehör. Die Verschiedenheiten der Qualität des Tones, nämlich Tonhöhe und Klangfarbe, werden zurückgeführt auf die Verschiedenheit der empfindenden Nervenfasern, und für jede einzelne Nervenfaser bleiben nur die Unterschiede der Stärke der Erregung übrig.

Die Reizungsvorgänge innerhalb der Muskelnerven, durch deren Reizung die Muskeln zur Zusammenziehung bestimmt werden, sind der physiologischen Untersuchung mehr zugänglich gewesen, als die in den Sinnesnerven. Dort finden wir in der Tat nur den Unterschied stärkerer und schwächerer Erregung, keine qualitativen Unterschiede. Dort können wir nachweisen, daß im Zustande der Erregung die elektrisch wirksamen Teilchen der Nerven bestimmte Veränderungen erleiden, welche stets in gleicher Weise eintreten, durch welche Art von Reizmittel auch der Erregungszustand hervorgerufen sein mag. Genau dieselbe Veränderung tritt aber auch in den gereizten Empfindungsnerven ein, obgleich hier der Erfolg der Reizung eine Empfindung ist, dort eine Bewegung war, und wir sehen daraus, daß der Mechanismus des Reizungsvorganges in den Empfindungsnerven dem in den Bewegungsnerven durchaus ähnlich sein muß. Die beiden genannten Hypothesen führen nun in der Tat die Vorgänge in den Nerven der beiden vornehmsten Sinne des Menschen, trotz der scheinbar so verwickelten qualitativen Unterschiede der Empfindungen, auf dasselbe einfache Schema zurück, welches wir von den Bewegungsnerven kennen. Man hat die Nerven vielfach nicht unpassend mit Telegraphendrähten verglichen. Ein solcher Draht leitet immer nur dieselbe Art elektrischen Stromes, der bald stärker, bald schwächer oder auch entgegengesetzt gerichtet sein kann, aber sonst keine qualitativen Unterschiede zeigt. Dennoch kann man, je nachdem man seine Enden mit verschiedenen Apparaten in Verbindung setzt, telegraphische Depeschen geben, Glocken läuten, Minen entzünden, Wasser zersetzen, Magnete bewegen, Eisen magnetisieren, Licht entwickeln u. s. w. Ähnlich in den Nerven. Der Zustand der Reizung, der in ihnen hervorgerufen werden kann und von ihnen fortgeleitet wird, ist, so weit er sich an der isolierten Nervenfaser erkennen läßt, überall derselbe, aber nach verschiedenen Stellen teils des Gehirns, teils der äußeren Teile des Körpers hingeleitet, bringt er Bewegungen hervor, Absonderungen von Drüsen, Ab- und Zunahme der Blutmenge, der Röte und der Wärme einzelner Organe, dann wieder Lichtempfindungen, Gehörempfindungen u. s. w. Wenn jede qualitativ verschiedene Wirkung der Art in verschiedenartigen Organen hervorgebracht wird, zu denen auch gesonderte Nervenfasern hingehen müssen, so kann der Vorgang der Reizung in den einzelnen Fasern überall ganz derselbe sein, wie der elektrische Strom in den Telegraphendrähten immer derselbe ist, was für verschiedenartige Wirkungen er auch an den Enden hervorbringen möge. So lange wir dagegen annehmen, daß dieselbe Nervenfaser verschiedenartige Empfindungen leitet, würden auch verschiedene Arten des Reizungsvorganges in ihr vorhanden sein müssen, die wir bisher nachzuweisen noch nicht im Stande gewesen sind.

In dieser Beziehung hat also die hingestellte Ansicht, eben so gut wie die Hypothese von Young über den Unterschied der Farben, noch eine weitere Bedeutung für die Nervenphysiologie im Allgemeinen.

Seit der ersten Veröffentlichung dieses Buches ist die hier vorgetragene Theorie der Gehörempfindungen in einer interessanten Weise durch die Beobachtungen und Versuche von V. Hensen10). an den Gehörorganen der Crustaceen bestätigt worden. Diese Tiere haben teils geschlossene, teils nach außen offene Otolithensäckchen, in denen Hörsteinchen frei in wässeriger Flüssigkeit schweben, getragen von eigentümlich gebildeten Härchen, die mit ihren Enden den Steinchen anhaften, und zum Teil eine nach der Größe geordnete Reihenfolge, von größeren und dickeren zu kürzeren und feineren übergehend, zeigen. Außerdem finden sich bei vielen Krebsen ganz ähnliche Härchen auch an der freien Fläche des Körpers, welche für Hörhaare gehalten werden müssen. Der Beweis, daß auch diese äußeren Haare zum Hören bestimmt seien, beruht einmal auf der Ähnlichkeit ihres Baues mit dem der Haare in den Otolithensäckchen. Dann aber fand Hensen die Fähigkeit des Hörens erhalten, nachdem er bei Mysis die Otolithensäckchen exstirpiert und nur die äußeren Hörhärchen der Antennen erhalten hatte.

10) Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Leipzig 1863. Abgedruckt aus Siebold und Kölliker's Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XIII.
 
 

Hensen leitete den Schall eines Klapphorns durch einen dem Trommelfell und den Gehörknöchelchen nachgebildeten Apparat in das Wasser eines kleinen Kästchens, in welchem ein Exemplar von Mysis befestigt war, so daß man durch das Mikroskop die äußeren Hörhaare des Schwanzes beobachten konnte. Dabei zeigte sich, daß gewisse Töne des Horns einzelne Härchen in starke Vibration setzten, andere Töne andere Härchen. Jedes Härchen antwortete auf mehrere Noten des Horns, und man kann aus den angegebenen Noten annähernd die Reihe der Untertöne eines und desselben Tons herauserkennen. Ganz rein konnten die Resultate nicht sein, da die Resonanz des zuleitenden Apparats Einfluß haben mußte.

So antwortete eines dieser Härchen stark auf dis und dis', schwächer auf g, sehr schwach auf G. Dies läßt vermuten, daß seine Stimmung zwischen d" und dis" lag. Dann entsprach es dem zweiten Partialton der Note d' — dis', dem dritten von g — gis, dem vierten von d — dis, und dem sechsten von G — Gis. Ein zweites Härchen antwortete stark auf ais und benachbarte Töne, schwächer auf dis und Ais. Dessen Eigenton scheint ais gewesen zu sein.

Durch diese Beobachtungen, von deren Richtigkeit mich zu überzeugen ich durch Herrn Hensen's Gefälligkeit selbst Gelegenheit gehabt habe, ist die Existenz solcher Verhältnisse, wie wir sie für die menschliche Schnecke vorausgesetzt haben, für die genannten Crustaceen direkt erwiesen, was von um so größerem Werte ist, als wir bei der verborgenen Lage und der leichten Zerstörbarkeit der betreffenden Organe des menschlichen Ohres wenig Aussicht haben, jemals einen so direkten Beweis der verschiedenen Stimmung seiner einzelnen Teilchen führen zu können.

Die bis hierher vorgetragene Theorie bezieht sich zunächst nur auf die dauernde Empfindung, welche regelmäßige andauernde periodische Oszillationen hervorbringen. Was nun die Wahrnehmung unregelmäßiger Luftbewegungen, d. h. der Geräusche betrifft, so wird ein elastischer, zur Ausführung von Schwingungen geeigneter Apparat keiner zeitweilig auf ihn einwirkenden Kraft gegenüber in absoluter Ruhe bleiben können, und auch eine momentan oder in unregelmäßiger Wiederholung andringende Bewegung, wenn sie nur stark genug ist, wird ihn in Bewegung setzen. Der eigentümliche Vorzug der Resonanz auf den Eigenton beruht nur eben darin, daß unverhältnismäßig schwache einzelne Anstöße, wenn sie in richtigem Rhythmus sich folgen, verhältnismäßig ausgiebige Bewegungen hervorzubringen im Stande sind. Momentane starke Anstöße dagegen, wie z. B. die durch einen elektrischen Funken hervorgebrachten, werden sämtliche Teile der Membrana basilaris in fast gleich starke Anfangsgeschwindigkeit versetzen können, wonach dann jeder dieser Teile in seiner eigentümlichen Schwingungsperiode austönen wird. Dadurch würde eine gleichzeitige und wenn auch nicht gleich starke, doch gleichmäßig sich abstufende Erregung sämtlicher Schneckennerven entstehen können, die also nicht den Charakter einer bestimmten Tonhöhe haben würde. Selbst ein schwacher Eindruck auf so viele Nervenfasern wird wahrscheinlich eine deutlichere Wirkung haben, als jeder einzelne Eindruck für sich. Wir wissen wenigstens, daß schwache Helligkeitsunterschiede eher auf großen Teilen des Sehfeldes wahrgenommen werden, als auf kleinen, und daß wir geringe Temperaturunterschiede eher bemerken, wenn wir den ganzen Arm in das warme. Wasser eintauchen, als wenn wir nur einen Finger eintauchen.

So wäre also eine Wahrnehmung momentaner Stöße sehr wohl möglich durch die Schneckennerven, und zwar in der Weise, wie Geräusche empfunden werden, nämlich ohne ein besonderes merkliches Hervortreten einer bestimmten Tonhöhe.

Dauert der Druck der andringenden Luft auf das Trommelfell etwas länger, so wird dadurch schon die Bewegung in einzelnen Gegenden der Membrana basilaris begünstigt werden können gegen die in anderen Gegenden der Skala. Gewisse Tonhöhen werden vorzugsweise hervortreten. Man kann sich das so vorstellen, daß jeder Augenblick des Druckes als ein solcher betrachtet wird, der eine in Richtung und Stärke entsprechende, und dann abklingende Bewegung in jeder Saite der Membrana basilaris erregt, und daß alle die auf solche Weise in jeder Faser erregten Bewegungen sich zu einander addieren, wobei sie sich nach Umständen verstärken oder schwächen werden11). So würde ein gleichmäßig anhaltender Druck die Exkursion der schwingenden Masse steigern, wenn er während der ersten halben Schwingungsdauer derselben anhält, so lange also die erste positive Exkursion dauert. Wenn er aber länger anhält, schwächt er die zuerst erregte Wirkung wieder. Schneller schwingende elastische Massen werden also durch einen solchen verhältnismäßig weniger erregt werden als die, deren halbe Schwingungsdauer gleich oder größer ist als die Dauer des Drucks. Dadurch wird ein solcher Eindruck schon eine gewisse, wenn auch schwach begrenzte Tonhöhe bekommen. Im Allgemeinen scheint die Intensität der Empfindung bei gleicher lebendiger Kraft der Bewegung nach der Höhe hin zuzunehmen, so daß immer der Eindruck der höchsten gleich stark erregten Fasern überwiegt.
 
 

11) Siehe den mathematischen Aasdruck hierfür am Schluß der Beilage XI.

Noch auffallender kann eine bestimmte Tonhöhe natürlich heraustreten, wenn der auf den Steigbügel wirkende Druck selbst ein oder mehrere Male zwischen positiv und negativ wechselt, und so können alle Stufen von Übergängen zwischen Geräuschen ohne bestimmte Tonhöhe und Klängen mit einer solchen zu Stande kommen. Dies ist in der Tat der Fall, und darin liegt eben auch der Nachweis, wie Herr S. Exner12) mit Recht hervorgehoben hat, daß solche Geräusche von denjenigen Teilen des Ohres perzipiert werden müssen, die der Unterscheidung der Tonhöhen dienen.

12) Pflueger, Archiv f. Physiologie Bd. XIII. In den früheren Ausgaben dieses Buches hatte ich die Vermutung ausgesprochen, daß die zur Resonanz anscheinend wenig geeigneten Hörhärchen der Ampullen und die den Otolithen gegenüberliegenden der Säckchen bei der Wahrnehmung der Geräusche vorzugsweise beteiligt sein möchten.

Was die Härchen in den Ampullen betrifft, die der vorgelagerter Otolithen ermangeln, so ist es durch die Untersuchungen von Goltz äußerst wahrscheinlich geworden, daß sie, so wie die Bogengänge, einer ganz anderen Art von Sinnesempfindung dienen, nämlich der Wahrnehmung der drehenden Bewegungen des Kopfes. Drehungen um eine zur Ebene eines der Bogengänge senkrechte Achse werden nicht unmittelbar auf den darin liegenden und vermöge seiner Trägheit zurückbleibenden Wasserring übertragen, und die relative Verschiebung des Wassers gegen die Wandung des Kanals wird an den Nervenhärchen der Ampullen gefühlt werden können. Bei anhaltenderer Drehung wird dagegen auch der Wasserring allmählich durch Reibung an den Wänden des Kanals in Drehung versetzt, und fährt fort sich zu bewegen, wenn die Drehbewegung des Kopfes plötzlich aufhört. Das erregt dann die täuschende Empfindung entgegengesetzter Drehung in Form des bekannten Schwindelgefühls. Verletzungen der Bogengänge ohne Hirnverletzung bringen die auffallendsten Störungen des Gleichgewichts bei Tieren hervor. Elektrische Durchströmung des Ohrs, kühles Wasser in das Ohr gespritzt bei Personen mit durchbohrtem Trommelfell bringen heftiges Schwindelgefühl hervor. Unter diesen Umständen können wir die genannten Teile nicht mehr mit einiger Wahrscheinlichkeit als dem Gehörsinn zugehörig betrachten, um so mehr, als Stöße des Steigbügels gegen das Labyrinthwasser am ovalen Fenster in der Tat wenig geeignet erscheinen, um Strömungen durch die Bogengänge hervorzubringen.

Dagegen stellen die Versuche von Koenig mit klingenden kurzen Stahlstäben und von W. Preyer mit Appun'schen Stimmgabeln die Tatsache fest, daß zwischen 4000 und 40000 Schwingungen in der Sekunde hörbare sehr hohe Töne bestehen, für welche die Unterscheidung der Tonhöhe äußerst mangelhaft ist, so daß selbst Unterschiede von einer Quinte oder Oktave in den höchsten Lagen nur zweifelhaft erkannt, und von den geübtesten Musikern falsch geschätzt werden. Schon die Terz cv — ev (4096 und 5120 Schwingungen) wurde bald als Sekunde, bald als Quarte oder Quinte geschätzt; in noch größerer Höhe wurden Oktaven und Quinten verwechselt.

Wenn wir die Hypothese festhalten, daß jede Nervenfaser des Ohrs in ihrer besonderen Tonhöhe empfindet, so würde dies darauf schließen lassen, daß die schwingenden Teile des Ohres, die diese Empfindungen der höchsten Tone auf die Nerven übertragen, viel weniger in ihrer Resonanz begrenzt sind, als die tieferen, das heißt also ihre einmal erregte Bewegung verhältnismäßig schnell verlieren, aber auch verhältnismäßig um so leichter in die zur Empfindung nötige Bewegung zu versetzen sind. Letztere Annahme muß gemacht werden, weil für solche stark gedämpfte Teile die Möglichkeit der Addition vieler einzelner Anstöße sehr beschränkt wird, und es scheint mir dafür die Konstruktion der Hörhärchen in den Otolithensäcken geeigneter zu sein, als die der kürzesten Fasern in der Membrana basilaris. Wenn diese Hypothese sich bestätigt, würden wir die Hörhärchen als die Vermittler der quiekenden, zischenden, schrillenden, knipsenden Hörempfindungen anzusehen haben, und die Art ihrer Reaktion könnte nur gradweise von der der Schneckenfasern unterschieden sein.