INAUGURAL-DISSERTATION
ZUR
ERLANGUNG DES DOCTORGRADES DER PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT
DER
UNIVERSITÄT LEIPZIG
VORGELEGT
VON
JAMES MCKEEN CATTELL
AUS EASTON, PA, U. ST. OF A.
Mit Acht Holzschnitten
LEIPZIG
WILHELM ENGELMANN
1886
Wie zur Wahrnehmung eines Lichteindrucks eine gewisse Zeit erforderlich ist, so auch zur Ausführung einer Bewegung. Veränderungen im Gehirn, deren Ursprung und Natur wir nicht zu erklären vermögen (physiologisch sind sie Teile der ununterbrochenen Lebenstätigkeit des Gehirns, psychisch sind sie oft im Bewusstsein gegeben als Willensimpulse), erregen das Zentrum für Zuordnung von Bewegungen. Der hier entstandene Impuls wird durch das Gehirn (und eventuell durch das Rückenmark) nach einem motorischen Nerven und durch diesen zu dem Muskel geleitet. Wir haben hier in umgekehrter Reihenfolge die nämlichen vier Zeitabschnitte, wie in dem Falle, wo ein gegebener Reiz eine Empfindung hervorrief. In beiden Fällen vergeht eine Latenzzeit im Sinnesorgan oder Muskel, eine zentripetale oder zentrifugale Zeit in der Nervenleitung, eine zentripetale oder zentrifugale Zeit im Gehirn und eine Zeit des Anwachsens der Energie im sensorischen oder motorischen Zentrum. Außer diesen zwei Klassen von Vorgängen, den zentripetalen und zentrifugalen, gibt es noch interzentrale, im Gehirn selbst, von denen uns manche im Bewusstsein gegeben sind und das seelische Leben des Vorstellens und Fühlens ausmachen. Alle diese Vorgänge erfordern eine gewisse Zeit und in vielen Fällen kann, wie ich zeigen werde, diese Zeit bestimmt werden.
V. Einfluss der Aufmerksamkeit, Ermüdung und Übung auf die Dauer psychischer Prozesse
Lebenslauf.
Ich, James McKeen Cattel, Sohn des Universitätsprofessors W. C. Cattell in Philadelphia, bin geboren am 25. Mai 1860 zu Easton (Pa). Vereinigte Staaten von Nordamerika. Meinen Unterricht erhielt ich bis 1876 hauptsächlich von Privatlehrern, dann besuchte ich vier Jahre lang das Lafayette College zu Easton, woselbst ich 1880 den Grad B. A. und 1883 M. A. erhielt. 1880—82 studierte ich zu Göttingen, Genf und Leipzig, 1882—83 war ich Fellow der John Hopkins University zu Baltimore und seitdem studiere ich wiederum in Leipzig.
Allen meinen verehrten Lehren fühle ich mich in hohem Grade verpflichtet: an dieser Stelle möchte ich noch besonders den Herren Professoren Wundt, Heinze, Hankel und Leuckart, deren Vorlesungen resp. Seminare ich während meines Verweilens an hiesiger Universität besucht habe. meinen aufrichtigen Dank aussprechen.