Elfter Abschnitt.

Die Schwebungen der Kombinationstöne.

Außer den harmonischen Obertönen können auch die Kombinationstöne Schwebungen erzeugen, wenn zwei oder mehrere Klänge gleichzeitig erklingen. Es ist in dem siebenten Abschnitte auseinandergesetzt worden, daß der stärkste Kombinationston zweier Töne derjenige ist, dessen Schwingungszahl der Differenz der Schwingungszahlen jener beiden Töne entspricht, oder der Differenzton erster Ordnung. Dieser ist es denn auch, welcher hauptsächlich für die Erzeugung von Schwebungen in Betracht kommt. Schon dieser stärkste Kombinationston ist ziemlich schwach, wenn nicht die primären Töne beträchtliche Stärke haben; noch mehr sind es die Kombinationstöne höherer Ordnung und die Summationstöne. Schwebungen, durch diese schwachen Töne erzeugt, können nur beobachtet werden, wenn alle anderen Schwebungen, welche die Beobachtung stören könnten, fehlen, also namentlich bei den Zusammenklängen zweier von Obertönen ganz freien einfachen Töne. Dagegen die Schwebungen der ersten Differenztöne sehr gut auch neben den Schwebungen der harmonischen Obertöne zusammengesetzter Klänge gehört werden, sobald man überhaupt nur geübt ist, die Kombinationstöne zu hören.

Die Differenztöne erster Ordnung für sich allein und ohne Verbindung mit den Kombinationstönen höherer Ordnung können Schwebungen veranlassen, l) wenn zwei mit Obertönen versehene Klänge zusammenkommen; 2) wenn drei oder mehrere einfache oder zusammengesetzte Töne zusammenkommen. Dagegen kommen die Kombinationstöne höherer Ordnung in solchen Fällen als Ursache von Schwebungen in Betracht, wo nur zwei einfache Töne zusammenklingen.

Wir beginnen mit den ersten Differenztönen zusammengesetzter Klänge. So gut wie ihre Grundtöne Kombinationstöne geben, gibt auch jedes beliebige Paar von Obertönen der beiden Klänge Kombinationstöne. Natürlich nehmen letztere rasch an Stärke ab, im Verhältnisse wie die Obertöne schwächer werden. Wenn von diesen Kombinationstönen einer oder einige mit anderen Kombinationstönen oder den primären Grundtönen oder Obertönen zusammenfallen, entstehen Schweb ungen. Nehmen wir als Beispiel eine etwas unrein gestimmte Quinte, deren Schwingungszahlen 200 und 301 sein mögen, statt 200 und 300, wie sie einer reinen Quinte zukommen würden. Wir berechnen die Schwingungszahlen der Obertöne, indem wir die der Grundtöne mit l, 2, 3 u. s. w. multiplizieren. Die Schwingungszahlen der ersten Differenztöne finden wir, indem wir je zwei dieser Zahlen von einander subtrahieren. Die folgende Tabelle enthält in der ersten Horizontal- und Vertikalreihe die einzelnen Teiltöne beider Klänge in dem beiden entsprechenden Mittelfelde die Differenz ihrer Schwingungszahlen, die der Schwingungszahl des Kombinationstones entspricht.
 

Teiltöne der Quinte
 
301
602
903
Teiltöne des Grundtones
200
101
402
703

 
 

Kombinations-töne

400
99
202
503
600
299
2
303
800
499
198
103
1000
699
398
97

 

Ordnen wir die Töne nach der Höbe, so finden wir folgende Gruppen:

                                                                                    2     97     198     299     398     600     699
                                                                                           99     200     301     400     602    703
                                                                                          101    202     303     402
                                                                                          103
Die Zahl 2 ist zu klein, um einem Kombinationstone zu entsprechen, sie zeigt nur die Zahl der Schwebungen zwischen den beiden Obertönen 600 und 602 an. In allen den übrigen Gruppen stehen dagegen Töne zusammen, deren Schwingungszahlen um 2, 4 oder 6 von einander unterschieden sind, die also beziehlich 2, 4 oder 6 Schwebungen geben in derselben Zeit, wo die genannten beiden Obertöne zwei Schwebungen machen. Die stärksten unter den Kombinationstönen sind die beiden Töne 101 und 99, welche gleichzeitig durch ihre tiefe Lage von den übrigen Tönen sich leichter scheiden.

Wir bemerken an unserem Beispiele, daß die langsamsten Schwebungen, welche durch die Kombinationstone entstehen, an Zahl denen gleich sind, welche durch die Obertöne entstehen. Es ist dies eine allgemeine Regel, welche für alle Intervalle zutrifft.

Ferner ist leicht einzusehen, daß, wenn wir in unserem Beispiele statt der Zahlen 200 und 301 die der reinen Quinte entsprechenden Zahlen 200 und 300 gesetzt hätten, alle Zahlen unserer Tabelle sich auf Vielfache von 100 reduziert haben würden, und somit auch alle die verschiedenen Kombinationstöne und Obertöne, welche dort Schwebungen gaben, im letzteren Falle genau zusammengefallen wären, ohne Schwebungen zu geben. Was sich in diesem unserem Beispiele für die Quinte gezeigt hat, gilt allgemein auch für alle anderen harmonischen Intervalle5).

5) Den mathematischen Beweis dafür in Beilage XVI.

Die ersten Differenztöne zusammengesetzter Klänge geben immer nur dann Schwebungen, und auch immer nur eben so viel Schwebungen, wenn und wie es die Obertöne derselben Klänge tun würden, vorausgesetzt, daß deren Reihe vollständig vorhanden ist. Daraus folgt, daß an den Resultaten, die wir im vorigen Kapitel aus der Untersuchung über die Schwebungen der Obertöne gewonnen haben, durch das Hinzukommen der Kombinationstöne nichts wesentlich verändert wird. Nur die Stärke der Schwebungen wird etwas vergrößert werden können.

Wesentlich anders verhält es sich dagegen beim Zusammenklingen zweier einfacher Töne, welche von Obertönen ganz frei sind. Wenn wir die Kombinationstöne nicht mit in Rechnung ziehen, würden zwei einfache Töne, wie die zweier Stimmgabeln oder zweier gedackter Orgelpfeifen, Schwebungen nur geben können, wenn sie ziemlich nahe bei einander liegen. Kräftig sind diese Schwebungen, wenn ihr Intervall eine kleine oder große Sekunde beträgt, schwach und nur in den tieferen Teilen der Skala wahrnehmbar, wenn es einer Terz nahe kommt, und sie nehmen allmählich in dem Maße an Deutlichkeit ab, als das Intervall wächst, ohne daß besondere harmonische Intervalle besonders hervortretende Eigenschaften zeigten. Bei jedem größeren Intervall zwischen zwei einfachen Tönen würden die Schwebungen ganz fehlen, wenn Obertöne und Kombinationstöne ganz fehlten, und es würden also dann auch die im vorigen Abschnitt aufgefundenen konsonierenden Intervalle bei solchen Tönen vor ihren Nachbarintervallen durch Nichts ausgezeichnet sein; es würden also überhaupt größere konsonierende und dissonierende Intervalle dann gar nicht unterschieden sein.

Daß nun doch auch weitere Intervalle einfacher Töne Schwebungen geben können, wenn auch sehr viel schwächere, als die bisher betrachteten, und daß sich demgemäß auch für solche Töne Konsonanzen und Dissonanzen scheiden, wenn auch sehr viel unvollkommener als für zusammengesetzte Töne, beruht, wie Scheibler gezeigt hat, auf den Kombinationstönen höherer Ordnung.

Nur bei der Oktave genügt der erste Differenzton. Wenn der Grundton 100 Schwingungen macht, während die Oktave in gleicher Zeit 201 macht, so macht der erste Differenzton 201 - 100 = 101 Schwingungen, und fällt also nahehin mit dem Grundtone 100 zusammen, mit dem er eine Schwebung auf 100 Schwingungen hervorbringt. Diese Schwebungen sind ohne Schwierigkeit zu hören, und man kann deshalb auch bei einfachen Tönen die reine Oktave leicht von der unreinen durch die Schwebungen unterscheiden.

Bei der Quinte genügt der Kombinationston erster Ordnung nicht mehr. Nehmen wir für eine unreine Quinte das Schwingungsverhältnis 200 zu 301, so ist der Kombinationston erster Ordnung 101, der zu weit von den beiden primären Tönen abliegt, um mit ihnen Schwebungen zu geben. Er bildet aber mit dem Tone 200 eine unreine Oktave, und eine solche gibt, wie wir oben gesehen haben, Schwebungen. Diese kommen hier zu Stande, indem der Ton 101 mit dem Tone 200 einen neuen Kombinationston 99 bildet, der mit dem Tone 101 nun 2 Schwebungen gibt. Durch diese Schwebungen unterscheidet sich also wieder die unreine Quinte zweier einfachen Töne von der reinen Quinte, und die Anzahl dieser Schwebungen ist wieder eben so groß, als wären die Schwebungen durch Obertöne hervorgebracht. Um diese Schwebungen zu beobachten, müssen aber die beiden primären Töne ziemlich stark sein, und es darf kein störendes fremdes Geräusch bestehen. Beobachtet man aber unter günstigen Bedingungen, so ist es nicht schwer, sie zu hören.

Bei der unreinen Quarte, deren Schwingungszahlen 300 zu 401 sein mögen, ist der erste Kombinationston 101; dieser gibt mit dem Tone 300 den Kombinationston zweiter Ordnung 199; und dieser mit dem Tone 401 die Differenz 202 als Kombinationston dritter Ordnung, welcher mit dem zweiter Ordnung 199 drei Schwebungen macht, ebenso viele, als durch die Obertöne 1200 und 1203 der beiden primären Töne erzeugt worden wären, wenn diese existierten. Diese Schwebungen der Quarte sind nun schon sehr schwach, auch bei starken primären Tönen. Zu ihrer Beobachtung muß man ganz ungestört sein und große Aufmerksamkeit anwenden, und dabei bleibt dann doch immer noch der Zweifel bestehen, ob bei der starken Erregung der primären Töne nicht schwache Obertöne entstehen, wie schon auf Seite 94 und 263 erörtert ist.

Kaum noch wahrzunehmen, auch unter den günstigsten Bedingungen, sind die Schwebungen der unreinen großen Terz. Nehmen wir die Schwingungszahlen der primären Töne 400 und 501, so ist
 
 

501 - 400 = 101 Kombinationston erster Ordnung
400 - 101 = 299 Kombinationston zweiter Ordnung
501 - 299 = 202 Kombinationston dritter Ordnung
400 - 202 = 198 Kombinationston vierter Ordnung

Die Töne 202 und 198 geben 4 Schwebungen. Scheibler hat diese Schwebungen der unreinen großen Terz noch gezählt, ich selbst habe sie unter günstigsten Bedingungen auch wohl noch zu hören geglaubt, aber jedenfalls sind sie so schwer wahrzunehmen, daß sie bei der Bestimmung des Unterschiedes von Konsonanzen und Dissonanzen nicht mehr in das Gewicht fallen können.

Daraus folgt also, daß die verschiedenen Intervalle, die der Terz benachbart sind, durch den Zusammenklang zweier einfachen Töne gleichmäßig hergestellt werden können, ohne daß ein Unterschied des Wohlklanges stattfände, wenn sie nicht einerseits der Sekunde oder andererseits der Quarte sich zu sehr nähern. Und ich muß nach meinen Versuchen an gedackten Orgelpfeifen behaupten, so sehr es auch den musikalischen Dogmen widersprechen mag, daß diese unsere Folgerung mit der Wirklichkeit übereinstimmt, vorausgesetzt, daß man eben wirklich einfache Töne zu den Versuchen benutzt. Ebenso verhält es sich mit den der großen Sexte benachbarten Intervallen, auch diese zeigen keinen Unterschied, so lange sie der Quinte und Oktave fern genug bleiben. Während es deshalb gar nicht schwer ist, reine große und kleine Terzen auf dem Harmonium oder anderen Zungenpfeifen, oder an der Violine zu stimmen, indem man die beiden zu stimmenden Töne gleichzeitig angibt, und die Schwebungen fortzuschaffen sucht, so ist es ganz unmöglich, dasselbe ohne Hilfe anderer Intervalle an gedackten Orgelpfeifen und Stimmgabeln zu tun. Wie sich schließlich aber t doch die Stimmung dieser Intervalle auch für solche einfache Töne genau bestimmt, sobald mehr als zwei Töne zusammenkommen, wird sich später zeigen.

In der Mitte zwischen den Klängen mit vielen und starken Obertönen, für welche uns die Zungenpfeifen und die Violinen Beispiele sind, und den ganz einfachen Tönen der Stimmgabeln und gedackten Pfeifen, stehen die Klänge, bei denen nur die niedersten Obertöne noch hörbar sind, wie es bei den weiteren offenen Orgelpfeifen und bei menschlichen Stimmen für die dunkleren Vokale der Fall ist. Bei diesen würden die Obertöne allein nicht ausreichen, um sämtliche konsonierende Intervalle zu begrenzen, aber mit Hilfe der ersten Differenztöne geschieht es dennoch.

A. Klänge, welche neben dem Grundton noch die Oktave als Oberton hören lassen; für sie sind Quinte und Quarte nicht mehr durch Schwebungen der Obertöne, wohl aber durch Schwebungen der ersten Differenztöne begrenzt.

a. Quinte. Die Schwingungszahlen der Grundtöne seien 200 und 301, dazu kommen ihre Obertöne 400 und 602; diese vier bleiben zu fern von einander, um Schwebungen zu geben. Aber die Differenztöne:

                                                            301 - 200 = 101
                                                            400 - 301 =   99
                                                                Differenz:  2

geben zwei Schwebungen. Und zwar ist die Anzahl dieser Schwebungen wieder ebenso groß, als wären sie durch die nächst höheren Obertöne hervorgebracht. Nämlich:

2 x 301 - 3 x 200 = 2. b. Quarte. Die Schwingungszahlen seien 300 und 401, dazu die Obertöne 600 und 802; diese geben noch keine Schwebungen. Aber die ersten Differenztöne: 600 - 401 = 199
802 - 600 = 202
Differenz:      3
geben 3 Schwebungen.

Für die Terzen würden noch Kombinationstöne zweiter Ordnung eintreten müssen.

B. Klänge, welche neben dem Grundton die Duodecime hören lassen. Ein Beispiel solcher Klänge geben die engen gedackten Pfeifen der Orgel (Register Quintaten). Diese verhalten sich ebenso wie die, welche bloß Oktaven als Begleitung des Grundtones hören lassen.

a. Quinte. Grundtöne 200 und 301 mit Obertönen 600 und 903. Erster Differenzton:

903 - 600 = 303
    Quinte = 301
Zahl der Schwebungen:      2.
b. Quarte. Grundtöne: 300 und 401, mit Obertönen 900 und 1203. Erster Differenzton: 1203 - 900 = 303
Grundton   = 300
Zahl der Schwebungen:        3.
Schwebungen der Terzen können auch in diesem Falle nur durch die schwachen zweiten Differenztöne eintreten.

C. Klänge, bei denen neben den Grundtönen gleich-, zeitig die Oktaven und Duodecimen als Obertöne hörbar sind. Beispiele solcher Klänge geben die weiteren (hölzernen) offenen Pfeifen der Orgel (Principal-Register). Bei diesen sind die Quinten schon durch Schwebungen der Obertöne begrenzt, die Quarten noch nicht. Hier reichen die ersten Differenztöne auch für die Begrenzung der beiden Terzen aus.

a. Große Terz. Grundtöne 400 und 501 mit den Oktaven 800 und 1002, und den Duodecimen 1200 und 1503. Erste Differenztöne:

1002 - 800 = 202
1200 - 1002 = 188
Zahl der Schwebungen:          4.
b. Kleine Terz. Grundtöne: 500 und 601, Oktaven 1000 und 1202. Duodecimen 1500 und 1803. Differenztöne:                             1500 - 1202 = 298
                            1803 - 1500 = 303
                            Zahl der Schwebungen:          5.
c. Große Sexte. Grundtöne: 300 und 501, Oktaven 600 und 1002, Duodecimen 900 und 1503. Differenztöne:                             600 - 501 =  99
                           1002 - 900 =102
                                    geben Schwebungen: 3.
In der Tat sind denn auch an den offenen Orgelpfeifen nicht bloß die Schwebungen der unreinen Quinten und Quarten, sondern auch die der unreinen großen und kleinen Terzen leicht zu hören, und lassen sich unmittelbar zum Stimmen der Pfeifen benutzen.

So treten die Kombinationstöne ergänzend ein, wo die Obertöne wegen der Art der Klänge nicht ausreichen, um jede Unreinheit der konsonierenden Intervalle der Oktave, Quinte, Quarte, großen Sexte, großen und kleinen Terz zur Quelle von Schwebungen und Rauhigkeit des Zusammenklangs zu machen, und die genannten Intervalle vor allen ihren Nachbarintervallen auszuzeichnen. Nur für die ganz einfachen Töne fehlen uns bisher noch die Bestimmungsmittel der Terzen, und auch die Schwebungen, welche den Wohlklang der unreinen Quinten und Quarten stören, sind verhältnismäßig zu schwach, um auf das Ohr eine erhebliche Wirkung zu tun, weil sie auf Kombinationstönen höherer Ordnung beruhen. In der Tat habe ich schon angeführt, daß zwei gedackte Pfeifen, deren Intervall zwischen großer und kleiner Terz liegt, eine ganz ebenso gute Konsonanz geben, als wenn das Intervall genau einer großen oder genau einer kleinen Terz entspräche. Ich will damit nicht behaupten, daß ein geübtes musikalisches Ohr ein solches Intervall nicht als fremd und ungewohnt erkennen, und deshalb vielleicht für falsch erklären würde, aber der unmittelbare Eindruck auf das Ohr, der einfache sinnliche Wohlklang, abgesehen von aller musikalischen Gewohnheit, ist kein schlechterer als der der reinen Intervalle.

Ganz anders wird aber die Sache, wenn mehr als zwei Töne zusammenkommen. Wir haben gesehen, daß die Oktaven auch bei einfachen Tönen genau begrenzt sind durch die Schwebungen des ersten Differenztones mit dem Grundtone. Denken wir nun zunächst eine Oktave rein gestimmt, und setzen wir zwischen deren beide Töne einen dritten Ton als Quinte hinein, so bekommen wir Schwebungen der ersten Differenztöne, sobald die Quinte nicht. rein ist.

Es seien gegeben die Töne 200 und 400, welche eine reine Oktave bilden, und deren unreine Quinte 301. Die Differenztöne:

                                400 - 301 =   99
                                301 - 200 = 101
                                        geben Schwebungen:  2.
Diese Schwebungen der Quinte, welche zwischen zwei Oktaven liegt, sind viel deutlicher als die der Quinte allein ohne Oktave. Die letzteren beruhen auf den schwachen Differenztönen zweiter Ordnung, jene auf solchen erster Ordnung. Daher auch schon Scheibler für das Stimmen von Stimmgabeln die Vorschrift gegeben hat, erst zwei derselben als reine Oktave zu stimmen, und dann beide zugleich mit der Quinte tönen zu lassen, um diese zu stimmen. Sind Quinte und Oktave rein gestimmt, so geben beide auch mit einander die reine Quarte.

Ebenso verhält es sich nun, wenn man zwei einfache Töne zur Quinte rein gestimmt hat, und zwischen beide einen dritten als große Terz einschieben will. Es seien die Töne der reinen Quinte 400 und 600; wollte man zwischen beide die unreine große Terz 501 statt der reinen 500 einschieben, so haben wir folgende Differenztöne:

        600 - 501 =  99
        501 - 400 = 101
                 geben Schwebungen: 2.
Die große Sexte bestimmt sich, sobald wir sie mit der Quarte verbinden. Es seien die Töne 300 und 400 eine reine Quarte, 501 eine unreine Sexte, so haben wir Differenztöne:         501 - 400 = 101
        400 - 300 = 100
                geben Schwebungen:  l.
 
Wollen wir zwischen zwei Töne, die im Verhältnis einer reinen Quarte 300 und 400 mit einander stehen, noch einen Ton einschieben, so kann dies nur die verminderte Terz 350 sein. Nehmen wir 351, so erhalten wir die Differenztöne:         400 - 351 = 49
        351 - 300 = 51
Schwebungen:     2.
Diese Intervalle 8/7 und 7/6 werden aber überhaupt schon zu eng, um noch Konsonanzen zu geben, sie können deshalb nur in schwach dissonierenden Akkorden (Septimenakkorden) vorkommen.

Die eben angestellten Betrachtungen sind nun auch auf jeden aus mehreren Teiltönen zusammengesetzten Klang anzuwenden. Je zwei Teiltöne eines solchen müssen bei hinreichender Stärke im Ohre ebenfalls Differenztöne hervorbringen. Entsprechen nun die Obertöne genau der Reihe der harmonischen Obertöne, wie sie durch die Reihe der kleineren ganzen Zahlen gegeben sind, so fallen alle Kombinationstöne der Obertöne mit den Obertönen selbst genau zusammen, ohne Schwebungen zu geben. Wenn n die Schwingungszahl des Grundtones bezeichnet, so sind 2 n, 3n, 4n u. s. w. die Schwingungen der Obertöne und die Differenzen dieser Zahlen immer wieder n oder 2 n oder 3 n u. s. w. Auch die Schwingungszahlen der Summationstöne fallen in dieselbe Reihe hinein.

Sind dagegen die Schwingungszahlen der Obertöne auch nur wenig abweichend von dem genannten Verhältnis, so werden die Kombinationstöne von einander und von den Obertönen abweichend und man bekommt Schwebungen. Der Klang verliert damit den gleichmäßig ruhigen Eindruck, den ein Klang mit harmonischen Obertönen auf das Ohr macht. Wie erheblich dieser Einfluß ist, läßt sich an jeder gut befestigten und wohlklingenden Saite erkennen, wenn man nur ein wenig Wachs in irgend einem Punkte ihrer Länge anklebt. Dadurch entsteht, wie Theorie und Versuch zeigen, ein unharmonisches Verhältnis der Obertöne zu einander. Ist die Masse des Wachses sehr klein, so ist auch die Veränderung der Töne sehr unbedeutend. Aber die kleinste Verstimmung genügt, um den Wohlklang erheblich zu beschädigen, den Klang stumpf, kesselähnlich und rauh zu machen.

Hieraus ergibt sich also der Grund, warum in der Empfindung des Ohrs die Klänge mit harmonischen Obertönen eine so bevorzugte Rolle spielen. Sie sind die einzigen, welche auch bei größerer Intensität im Ohre gleichmäßig und ruhig anhaltende Empfindungen ohne Schwebungen hervorbringen können, entsprechend der rein periodischen Luftbewegung) die die objektive Grundlage dieser Klänge ist. Ich habe schon als Ergebnis der Übersicht, welche ich im fünften Abschnitt der ersten Abteilung von der Zusammensetzung der musikalischen Klänge gegeben habe, angeführt, daß neben den Klängen mit harmonischen Obertönen in der Musik nur noch, und doch auch meist nur in untergeordneter Rolle, solche gebraucht werden, welche entweder, wie die Klänge gut gestimmter Glocken, einen Abschnitt aus der Reihe der harmonischen Partialtöne darstellen, oder welche so schwache oder (wie bei den Stäben) so weit vom Grundton entfernte Nebentöne besitzen, daß die Differenztöne wenig ins Gewicht fallen, oder wenigstens keine deutlichen Schwebungen verursachen können.

Fassen wir die Resultate unserer Untersuchungen über die Schwebungen zusammen, so ergibt sich, daß wenn wir zwei oder mehrere Töne neben einander erklingen lassen, diese nur dann, wenn ihre Intervalle gewisse ganz genau bestimmte Werte haben, neben einander ungestört abfließen können. Einen solchen ungestörten Abfluß mehrerer zusammenklingender Töne nennen wir Konsonanz. Sobald nicht jene genau bestimmten Verhältnisse der Konsonanz eingehalten werden, entstehen Schwebungen, d. h. die ganzen Klänge oder einzelne Teiltöne und Kombinationstöne dieser Klänge verstärken sich abwechselnd und heben sich dann wieder gegenseitig auf. Die Klänge bestehen dann also nicht ungestört neben einander im Ohre, sondern sie hemmen gegenseitig ihren gleichmäßigen Abfluß. Diesen Vorgang nennen wir Dissonanz.

Die allgemeinste Ursache zur Erzeugung von Schwebungen geben die Kombinationstöne; sie sind die einzige Ursache bei einfachen Tönen, die so weit oder weiter als eine kleine Terz von einander entfernt sind. Bei je zwei Tönen genügen sie wohl zur festen Begrenzung der Quinte, allenfalls der Quarte, aber nicht zur Begrenzung der Terzen oder Sexten. Doch werden auch diese fest begrenzt, sobald die große Terz mit der Quinte zum Durdreiklang, die Sexte mit der Quarte zum Quartsextenakkord verbunden wird.

Auch die Terzen werden aber im Zusammenklänge von nur zwei Tönen genau begrenzt durch deutlich erkennbare Schwebungen der unrein gestimmten Intervalle, sobald nur die ersten beiden Obertöne zum Grundton sich gesellen. Immer stärker und schärfer werden die Schwebungen der unreinen Intervalle, je zahlreicher und stärker die Obertöne in den Klängen werden. Dadurch wird denn auch der Unterschied der Dissonanzen von den Konsonanzen und der unrein gestimmten Konsonanzen von den rein gestimmten immer entschiedener und schärfer ausgesprochen, was sowohl für die Sicherheit, mit der der Hörer die richtigen Intervalle als solche anerkennt, wie für die kräftige künstlerische Wirkung der Akkordfolge von großer Wichtigkeit ist. Werden endlich die hohen Obertöne verhältnismäßig zu kräftig (in den scharfen und schmetternden Klangfarben), dann wird jeder einzelne Ton schon durch die Dissonanzen seiner hohen Obertöne intermittierende Tonempfindungen veranlassen, und jede Verbindung von zwei oder mehreren Klängen der Art bringt eine merkliche Steigerung dieser Schärfe hervor, während gleichzeitig die große Menge von Obertönen und Kombinationstönen es dem Hörer sehr erschweren, einer verwickelten Stimmführung zu folgen.

Es sind diese Verhältnisse von größter Wichtigkeit für die Anwendung der verschiedenen Instrumente in den verschiedenen Gattungen musikalischer Kompositionen. Die Rücksichten, welche man bei der Auswahl des passenden Instruments für eine ganze Komposition oder für einzelne musikalische Phrasen in Sätzen, die für Orchester geschrieben sind, zu nehmen hat, sind sehr mannigfacher Art. Vor allen Dingen kommt es sehr an auf den Grad der Beweglichkeit und auf die Kraft des Tones der verschiedenen Instrumente; das liegt auf der Hand, und wir brauchen darauf hier nicht näher einzugehen. In der Beweglichkeit überragen die Streichinstrumente und das Klavier, denen sich zunächst Flöten und Oboen anschließen, alle anderen. Den Gegensatz zu ihnen bilden die schwerfällig einherschreitenden Trompeten und Posaunen, die dagegen an Kraft alle anderen Instrumente besiegen. Eine andere wesentliche Rücksicht ist die auf die Ausdrucksfähigkeit, welche hauptsächlich davon abhängt, ob die Tonstärke jeden Grad von Steigerung und Schwächung nach dem Willen des Musizierenden leicht, schnell und sicher zuläßt. In dieser Beziehung sind wieder die Streichinstrumente und mit ihnen die menschliche Stimme allen anderen überlegen. Die künstlichen Zungenwerke, die Holzblasinstrumente sowohl wie die Blechinstrumente, können unter eine gewisse Tonstärke nicht hinabgehen, ohne daß ihre Zunge aufhört zu schwingen. Die Flöten und Orgelpfeifen können überhaupt ihre Tonstärke nicht viel verändern, ohne zugleich ihre Tonhöhe zu ändern. Auf dem Klaviere beherrscht der Spieler zwar willkürlich die Stärke des ersten Anschlags, aber nicht die Fortdauer des Tones; dadurch ist allerdings eine sehr feine Beherrschung der rhythmischen Akzente auf diesem Instrumente möglich, aber der eigentlich melodische Ausdruck ist beschränkt. Alle diese Momente haben ihren Einfluß auf den Gebrauch der genannten Instrumente; sie sind leicht zu beobachten, und sind längst erkannt und berücksichtigt worden. Schwieriger war der Einfluß der eigentlichen Klangfarbe zu definieren; indessen haben uns unsere Untersuchungen über die Zusammensetzung der Klänge doch die Mittel an die Hand gegeben, um wenigstens von den hauptsächlichsten Unterschieden in der Wirkung des Zusammenklanges verschiedener Instrumente Rechenschaft geben zu können und zu zeigen, auf welchem Wege diese Aufgabe zu lösen ist, wenn auch hier im Einzelnen noch ein großes Feld für eingehendere Untersuchungen vorläufig unbearbeitet liegen bleibt.

Beginnen wir mit den einfachen Tönen der weiten gedackten Orgelpfeifen. Sie sind an und für sich sehr weich, sehr sanft, in der Tiefe dumpf, in der Höhe aber durchaus wohlklingend. Zu harmonischer Musik sind sie aber, wenigstens für unser modernes musikalisches Gefühl, gänzlich ungeeignet. Wir haben auseinandergesetzt, daß für dergleichen einfache Töne nur die engen Intervalle der Sekunden eine durch starke Schwebungen charakterisierte Dissonanz geben. Unreine Oktaven und die der Oktave benachbarten dissonanten Intervalle, Septimen und Nonen, geben Schwebungen des ersten Kombinationstones, welche doch schon verhältnismäßig schwach sind im Vergleich mit denen, welche Obertöne hervorbringen. Die Schwebungen der verstimmten Quinten und Quarten sind vollends nur noch unter den günstigsten Bedingungen zu hören. Im Allgemeinen unterscheidet sich deshalb der Eindruck dissonanter Intervalle, mit Ausnahme der Sekunden, nur sehr wenig von dem der Konsonanzen, und die Folge davon ist, daß die Harmonie allen Charakter und der Hörer das sichere Gefühl für den Unterschied der Intervalle verliert. Wenn man polyphone Kompositionen mit den herbsten und kühnsten Dissonanzen auf dem gedackten Register der Orgel spielt, klingt alles fast gleichmäßig weich und wohlklingend, aber deshalb auch unbestimmt, langweilig, schwächlich, charakterlos und energielos. Ich bitte jeden meiner Leser, welcher Gelegenheit dazu hat, sich davon zu überzeugen. Es gibt keinen besseren Beweis für die wichtige Rolle, welche die Obertöne in der Musik spielen, als der beschriebene Eindruck solcher Musik, die aus einfachen Tönen zusammengesetzt ist. Der Gebrauch der weiten gedackten Register ist deshalb beschränkt und man nimmt sie nur, um im Gegensatz gegen schärfere Register einzelne musikalische Phrasen von weichstem Wohlklange herauszuheben; sonst gebraucht man sie nur mit anderen Registern verbunden, um deren Grundton zu verstärken. Den weiten gedackten Orgelpfeifen am nächsten in der, Klangfarbe stehen die Flöten und die Flötenregister der Orgel (schwach angeblasene offene Pfeifen). Bei ihnen tritt schon die Oktave deutlich zum Grundtone der Klänge hinzu, bei scharfem Blasen auch die Duodecime. In diesem Falle sind die Oktaven und die Quinten schon schärfer durch Obertöne begrenzt, die Terzen und Sexten aber nur erst noch schwach durch Kombinationstöne. Ihr musikalischer Charakter ist deshalb dem vorher beschriebenen der gedackten Orgelpfeifen noch sehr ähnlich, was sehr gut ausgedrückt wird in dem bekannten Witzworte, daß einem musikalischen Ohre nichts schrecklicher sei als ein Flötenkonzert, ausgenommen ein Konzert von zwei Flöten. Im Vereine mit anderen Instrumenten dagegen, welche das Gefüge der Harmonie deutlich hervorheben, ist die Flöte wegen der vollkommenen Weichheit ihres Tones und ihrer leichten Beweglichkeit ungemein lieblich und anmutig, und durch kein anderes Instrument zu ersetzen. In der antiken Musik hat die Flöte eine viel größere Rolle gespielt als in der heutigen, was mit dem ganzen Charakter der klassischen Kunstideale zusammenhängen mag. Die klassische Kunst hielt überhaupt alles den Sinnen direkt Unangenehme aus ihren Gebilden fern, und beschränkte sich auf die reine Schönheit, während die moderne Kunst reichere Ausdrucksmittel verlangt und deshalb auch bis zu einem gewissen Grade das dem sinnlichen Wohlgefallen an sich Widerstreitende in ihren Kreis aufnimmt. Übrigens stritten doch auch im Altertum die ernsten Musikfreunde für die schärferen Klänge der Saiteninstrumente im Gegensatz zu der weichlichen Flöte.

Eine günstige Mitte für die harmonischen Anforderungen verwickelter polyphoner Musik bilden die Register der offenen Orgelpfeifen, welche deshalb auch den Namen der Prinzipalregister führen. Sie geben die niederen Obertöne deutlich hörbar, die weiten Pfeifen bis zum dritten, die engen (Geigenprinzipal) bis zum sechsten Partialtone. Die weiteren haben mehr Tonkraft als die engeren; um ihnen mehr Schärfe zu geben, wird sehr gewöhnlich das achtfüßige Register, welches die Hauptstimmen enthält, noch mit dem vierfüßigen verbunden, welches jeder Note ihre Oktave beifügt; oder man verbindet auch das Prinzipal mit dem Geigenprinzipal, so daß das erstere dem Tone die Kraft, das zweite die Schärfe gibt. So bringt man Klangfarben hervor, welche die Obertöne in mäßiger, nach der Höhe abnehmender Stärke bis zum sechsten hinauf enthalten, bei denen daher das Gefühl für die Reinheit der konsonanten Intervalle sicher bestimmt ist, Konsonanzen und Dissonanzen scharf unterschieden sind, ohne daß jedoch die nicht zu vermeidenden schwachen Dissonanzen der höheren Obertöne in den unvollkommeneren Konsonanzen sich zu sehr bemerklich machten, und ohne daß die Menge und Starke der Nebentöne den Hörer über die Führung der Stimmen irre machen könnte. Die Orgel bietet in dieser Beziehung einen Vorteil, den andere Instrumente nicht in gleicher Weise gewähren, daß der Spieler nämlich die Klangfarbe sich mischen und verändern kann, wie ihm beliebt, und wie sie sich dem Charakter des zu spielenden Stückes am besten anpaßt.

Die engen gedackten Pfeifen (Quintaten), bei denen der Grundton von der Duodecime begleitet ist, die Rohrflöten, wo außer dem dritten noch der fünfte Ton hinzukommt, die kegelförmigen offenen Pfeifen, wie das Register Gemshorn, welche gewisse höhere Obertöne mehr verstärken als die niederen, dienen nur dazu, gewisse absonderliche Klangfarben für einzelne Stimmen zu geben, und diese dadurch von den übrigen abzuheben. Um die Hauptmaße der Harmonie zu bilden, sind sie wenig geeignet.

Ganz scharfe Klangfarben endlich erhält man durch die Zungenpfeifen und die Mixturen der Orgel. Die letzteren sind, wie schon früher erörtert wurde, künstliche Nachbildungen der natürlichen Zusammensetzung aller Klänge, indem jede Taste gleichzeitig eine Reihe von Pfeifen ertönen läßt, welche den drei bis sechs ersten Partialtönen der betreffenden Note entsprechen. Sie sind nur als Begleitung des Gemeindegesanges anwendbar; isoliert gebraucht, machen sie einen unerträglichen Lärm und ein heilloses Gewirr von Tönen. Wenn aber der Gesang der Gemeinde die Grundtöne in den Noten der Melodie überwältigend stark hervortreten läßt, wird das richtige Verhältnis der Klangfarbe wieder hergestellt, und eine mächtige und wohlproportionierte Klangmasse gewonnen. Ohne die Hilfe der Mixturen würde sich auch eine so große und von ungeübten Stimmen hervorgebrachte Klangfülle gar nicht beherrschen lassen.

Den Klangfarben der Orgel sind im Ganzen die Menschenstimmen in harmonischer Beziehung ziemlich ähnlich. Zwar werden bei den helleren Vokalen einzelne hoch gelegene Obertöne hervorgehoben, diese sind aber doch zu vereinzelt, um einen wesentlichen und durchgehenden Einfluß auf den Klang der Akkorde auszuüben. Der letztere hängt doch immer mehr ab von den niederen bei allen Vokalen ziemlich gleichmäßig eintretenden Obertönen. Aber allerdings können bei einzelnen Konsonanzen die charakteristischen Töne der Vokale eine besondere Rolle spielen. Wenn zwei menschliche Stimmen zum Beispiel die Terz bd' zusammen singen auf den Vokal A, werden der vierte Teilton des b, nämlich b",und der dritte des d', nämlich a", gerade in die charakteristisch starken Obertöne des A hineinfallen, und es wird die Unvollkommenheit der Terzenkonsonanz in der Dissonanz a" b" grell zu Tage treten müssen, während die Dissonanz bei der Wahl des Vokals 0 ausbleiben muß. Andererseits wird die Quarte b es' auf den Vokal A gesungen rein erklingen, weil dann auch die zweite Note es' dasselbe b" als Oberton gibt wie die tiefere. Dagegen werden bei dieser Quarte entweder die Obertöne f" und es" oder d'" und es'" stören können, wenn man das A entweder nach A O oder nach A hinüberzieht. Aus diesen Betrachtungen folgt unter Anderem, daß die Übersetzung des Textes von Gesangkompositionen ans einer Sprache in die andere auch für den rein musikalischen Effekt gar nicht gleichgültig sein kann.

Abgesehen nun von diesen Verstärkungen, welche die charakteristische Resonanz jedes Vokals einzelnen Obertönen angedeihen läßt, sind im Ganzen die Klänge des menschlichen Gesanges von den niederen Obertönen in mäßiger Stärke begleitet und deshalb zu Akkordverbindungen gut geeignet, ähnlich denen der Prinzipalregister der Orgel. Außerdem haben aber die menschlichen Stimmen für die Ausführung polyphoner Musik noch einen besonderen Vorteil vor der Orgel und vor allen übrigen Tonwerkzeugen. Dadurch nämlich, daß von den menschlichen Stimmen Worte gesungen werden, werden die Noten, welche jeder einzelnen Stimme angehören, mit einander verbunden, und die Worte bilden für den Hörer einen leitenden Faden, welcher ihn leicht und sicher die zusammengehörigen Teile der Klangmasse auffinden und verfolgen läßt. An der menschlichen Stimme hat sich daher auch die polyphone Musik und das ganze neuere System der Harmonie zuerst entwickelt, und in der Tat gibt es auch nichts Wohllautenderes, als gut harmonierte mehrstimmige Sätze von geübten Stimmen rein und richtig vorgetragen. Aber freilich ist es für den vollen Wohlklang solcher Sätze ein ganz unumgängliches Erfordernis, daß nach reinen musikalischen Intervallen gesungen werde, und leider lernen dies unsere jetzigen Sänger selten mehr, da sie von Anfang an gewöhnt werden, in Begleitung von Instrumenten zu singen, welche nach gleichschwebender Temperatur, also in ungenauen Konsonanzen, gestimmt sind. Nur solche Sänger, welche selbst feinen musikalischen Sinn haben, finden in dieser Beziehung von selbst das Richtige, was ihnen die Schule nicht mehr gibt.

Reicher an Obertönen und deshalb von schärferem Klange, als die menschliche Stimme und die Prinzipalregister der Orgel, sind demnächst die für die Musik so wichtigen Streichinstrumente. Sie spielen durch ihre außerordentliche Beweglichkeit und Ausdrucksfähigkeit eine bevorzugte Rolle in der Instrumentalmusik, und nehmen durch die mäßige Schärfe ihrer Klangfarbe etwa eine mittlere Stellung ein zwischen den weicheren Flöten und den schmetternden Blechinstrumenten. Zwischen den verschiedenen Instrumenten dieser Klasse findet selbst eine kleine Verschiedenheit statt, insofern Viola und Contrabaß eine etwas schärfere und magere Klangfarbe, d. h. relativ stärkere Obertöne haben als Violine und Cello. Die hörbaren Obertöne reichen bis zum sechsten oder achten hinauf, je nachdem der Bogen im Piano mehr dem Griffbrett, oder im Forte mehr dem Stege genähert wird, und sie nehmen in Stärke regelmäßig ab in dem Maße, wie ihre Ordnungszahl steigt. Es ist deshalb auf den Streichinstrumenten der Unterschied zwischen Konsonanz und Dissonanz scharf und kräftig ausgesprochen und das Gefühl für die Reinheit der Intervalle sehr sicher, wie denn auch bekannt ist, daß namentlich die geübten Violin - und Cellospieler ein sehr feines Ohr für Unterschiede der Tonhöhe haben. Andererseits ist aber doch die Schärfe der Klänge wieder so groß, daß weiche gesangreiche Melodien für die Streichinstrumente nicht mehr recht passen und im Orchester besser an die Flöten und Klarinetten abgegeben werden. Außerdem werden auch vollstimmige Akkorde verhältnismäßig zu rauh, da bei jedem konsonanten Intervalle sich diejenigen Obertöne der beiden Klänge, welche in dissonante Verhältnisse gegen einander zu stehen kommen, ziemlich bemerklich machen, namentlich bei Terzen und Sexten. Dazu kommt freilich noch, daß die unvollkommenen Terzen und Sexten der schulmäßigen musikalischen Skala auf den Streichinstrumenten sich schon sehr merklich von dem Klange reiner Terzen und Sexten unterscheiden, wenn der Spieler nicht dafür die reinen natürlichen Intervalle zu setzen weiß, wie sie das Ohr fordert. Man pflegt deshalb in den Kompositionen für Streichinstrumente langsam hinfließende Akkorde nur selten und ausnahmsweise anzuwenden, weil diese nicht genug Wohlklang haben, dagegen schnelle Bewegungen und Figuren, harpeggierte Akkorde zu bevorzugen, für welche diese Instrumente außerordentlich geeignet sind, und in denen die Schärfe ihrer Zusammenklänge sich nicht so merklich machen kann.

Eigentümlich verhalten sich die Schwebungen bei den Streichinstrumenten, indem wenigstens regelmäßige, langsame und zählbare Schwebungen selten vorkommen. Der Grund liegt in den schon früher besprochenen kleinen Unregelmäßigkeiten bei der Ein-Wirkung des Bogens auf die Saite, welche als Kratzen des Tones hörbar werden. Aus den Beobachtungen der Schwingungsfigur ging hervor, daß bei jedem kleinsten kratzenden Anstoße des Bogens die Schwingungskurven plötzlich eine Strecke vor- oder zurückspringen, oder die Schwingungen, nach physikalischem Ausdrucke, plötzlich ihre Phase ändern. Da es nun von der Phasendifferenz abhängt, ob zwei zusammenklingende Töne sich gegenseitig verstärken oder schwächen, so wird durch jedes kleinste Anhaken oder Kratzen des Bogens auch der Ablauf der Schwebungen gestört, und wenn zwei Töne von gleicher Höhe gespielt werden, so wird jeder Sprung der Phase einen Wechsel in der Tonstärke hervorbringen können, ähnlich als ob unregelmäßig und abgerissen eintretende Schwebungen vorhanden wären. Es gehören deshalb die besten Instrumente und die besten Spieler dazu, um langsame Schwebungen oder auch einen gleichmäßigen Abfluß ausgehaltener konsonanter Akkorde hervorzubringen. Ich glaube, daß hierin vielleicht einer der Gründe zu suchen ist, warum Streichquartette, ausgeführt von Spielern, deren jeder für sich Solostücke ganz angenehm zu spielen vermag, zuweilen so unerträglich rauh und scharf klingen, daß es gar nicht im richtigen Verhältnisse steht zu dem, was jeder einzelne Spieler an kleinen Rauhigkeiten auf seinem Instrumente hervorbringt. Bei meinen Beobachtungen der Schwingungsfiguren fand ich es schwer zu vermeiden, daß nicht in jeder Sekunde ein oder zwei Mal ein Sprung in der Schwingungsfigur vorgekommen wäre. Wenn nun dabei im Solospiel der Ton der Saite auf fast unwahrnehmbar kleine Momente unterbrochen wird, was der Hörer kaum bemerkt, so gibt dies im Quartett, wenn ein Akkord angegeben wird, dessen Noten alle einen gemeinsamen Oberton haben, schon vier bis acht plötzlich und unregelmäßig eintretende Veränderungen der Tonstärke eines solchen gemeinsamen Tones, welche nicht unbemerkt vorübergehen können. Für ein gutes Zusammenspiel ist deshalb eine viel größere Sauberkeit des Tones nötig, als für das Solospiel.

Unter den Saiteninstrumenten, deren Saiten geschlagen werden, hat das Pianoforte die Hauptbedeutung. Aus der oben gegebenen Analyse seiner Klänge geht hervor, daß seine tiefen Oktaven reich an Obertönen sind, die höheren dagegen verhältnismäßig arm. In den tieferen Oktaven ist namentlich der zweite und dritte Partialton oft ebenso stark, ersterer auch wohl selbst stärker als der Grundton. Die Folge davon ist, daß die der Oktave benachbarten Dissonanzen, die Septimen und Nonen, fast ebenso scharf ausfallen, wie die Sekunden, und daß auch die verminderte und vergrößerte Duodecime und Quinte ziemlich rauh sind. Der vierte, fünfte und sechste Partialton dagegen, welche zur Begrenzung der Terzen dienen, nehmen an Stärke schnell ab, so daß die Terzen verhältnismäßig viel weniger scharf begrenzt sind, als die Oktaven, Quinten und Quarten. Das letztere Moment ist wichtig, weil es auf dem Klavier die ungenauen Terzen der temperierten Stimmung viel erträglicher macht, als auf anderen Instrumenten mit schärferen Klangfarben, während die Oktaven, Quinten und Quarten doch scharf und sicher abgegrenzt sind. Trotz der verhältnismäßig reichen Obertöne ist der Eindruck der Dissonanzen des Klaviers lange nicht so eindringlich, wie bei den Instrumenten mit lang ausgehaltenen Tönen, weil der Klavierton nur im Moment des ersten Anschlags große Stärke hat, und dann sehr schnell an Stärke abnimmt, so daß die die Dissonanzen charakterisierenden Schwebungen nicht Zeit haben, während des ersten starken Einsatzes des Tones zur Erscheinung zu kommen; sie bilden sich erst, während der Ton an Stärke schon wieder abnimmt. Man findet deshalb in der neueren Klaviermusik, seitdem namentlich Beethoven die charakteristischen Eigentümlichkeiten des Instruments in der Komposition zu berücksichtigen gelehrt hat, eine Verdoppelung und Häufung der dissonanten Intervalle, welche auf anderen Instrumenten ganz unerträglich wäre. Man findet den großen Unterschied leicht heraus, wenn man neuere Klavierkompositionen auf dem Harmonium oder der Orgel zu spielen versucht.

Daß die Instrumentenmacher, nur geleitet durch ein geübtes Gehör, nicht durch irgend eine Theorie, es vorteilhaft befunden haben, die Anschlagsstelle der Hämmer so zu legen, daß der siebente Partialton ganz wegfällt, der sechste zwar noch vorhanden ist, aber schwach, hängt offenbar mit der Konstruktion unseres Tonsystems zusammen. Der fünfte und sechste Partialton dienen dazu, die kleine Terz zu begrenzen, und es sind auf diese Weise fast alle in der jetzigen Musik als Konsonanzen behandelten Intervalle auf dem Klaviere durch koinzidierende Obertöne bestimmt, die Oktave, Quinte und Quarte durch relativ starke Töne, die große Sexte und Terz durch schwache, die kleine Terz durch die schwächsten. Käme der siebente Partialton noch hinein, so würde die verminderte Septime 4:7 den Wohlklang der kleinen Sexte beeinträchtigen, die verminderte Quinte 5:7 den der Quinte und Quarte, die verminderte Terz 6:7 den der kleinen Terz, ohne daß dabei neue musikalisch verwendbare Intervalle sicherer bestimmt würden.

Eine weitere Eigentümlichkeit in der Auswahl der Klangfarben, daß nämlich die hohen Töne des Klaviers viel weniger und schwächere Obertöne haben als die tieferen, haben wir ebenfalls schon erwähnt. Sie ist auf diesem Instrumente viel deutlicher ausgesprochen, als auf anderen, und es läßt sich leicht der musikalische Grund dafür angeben. Die hohen Noten werden der Regel nach zugleich mit tiefen angegeben, und ihr Verhältnis zu diesen tiefen Noten wird durch die hoch hinaufreichenden Obertöne der tiefen Noten leicht festgestellt. Wenn das Intervall zwischen der Note des Basses und des Diskants zwischen zwei und drei Oktaven beträgt, so liegen die zweite Oktave, die höhere Terz und Quinte des Baßtones ganz in der Nähe der Note des Diskants und geben mit ihr direkt Konsonanz oder Dissonanz, ohne daß noch die Obertöne der Diskantnote in das Spiel zu kommen brauchen. Die höchsten Noten des Klaviers würden durch Obertöne also nur eine scharfe Klangfarbe bekommen, ohne daß für die musikalische Charakterisierung dadurch etwas gewonnen wäre, und durch den Bau der Hämmer wird es auf guten Instrumenten wirklich erreicht, daß die Noten der höchsten Oktaven nur noch schwach von ihrem zweiten Tone begleitet sind. Sie klingen dann mild und angenehm, flötenähnlich. Andere Instrumentenmacher lieben es denn freilich auch, diese hohen Noten gellend und durchdringend zu machen, gleich der Piccoloflöte, indem sie die Anschlagsstelle der höchsten Saiten ganz an ihr Ende verlegen, durch welchen Kunstgriff sie die Obertöne stärker hervortreiben. Dadurch fällt aber die Klangfarbe dieser Saiten aus dem Charakter der übrigen Klänge des Instruments und verliert jedenfalls an Reiz.

An vielen anderen. Instrumenten, bei deren Konstruktion man mit der Klangfarbe nicht so frei schalten kann wie bei der des Pianoforte, hat man eine ähnliche Abänderung der Klangfarbe nach der Höhe hin durch andere Mittel zu erreichen gewußt. Bei den -Streichinstrumenten dient dazu die Resonanz des Kastens, dessen eigene Töne innerhalb der tiefsten Oktave der Skala des Instruments liegen. Da die Partialtöne der tönenden Saiten in dem Maße stärker an die Luft abgegeben werden, als sie den Partialtönen des Kastens näher sind, so werden bei den hohen Noten dieser Instrumente die Grundtöne durch die Resonanz viel mehr über ihre Obertöne herausgehoben als bei den tieferen. Bei den tiefsten Noten der Violine dagegen wird nicht bloß der Grundton, sondern auch seine Oktave und Duodecime durch die Resonanz begünstigt, da der tiefere Eigenton des Kastens zwischen dem Grundtone und dem ersten Obertone, der höhere Eigenton zwischen dem ersten und zweiten Obertone liegt. Auch bei den Mixturen der Orgel kommt etwas Entsprechendes vor, indem man die Reihen der Obertöne, welche durch eigene Pfeifen dargestellt werden, für die hohen Noten des Registers kürzer macht, als für die tiefen Noten. Während man also mit jeder Taste der tieferen Oktaven sechs Pfeifen öffnet, entsprechend den ersten sechs Partialtönen ihrer Note, so nimmt man in den beiden obersten Oktaven zum Grundton nur die Oktave und Duodecime, oder die Oktave allein.

Auch bei der menschlichen Stimme findet sich ein ähnliches Verhältnis, wenn auch nach den verschiedenen Vokalen mannigfach wechselnd. Vergleicht man aber hohe und tiefe Noten, welche auf denselben Vokal gesungen werden, so verstärkt die Resonanz der Mundhöhle gewöhnlich noch relativ hohe Obertöne der tiefen Noten des Basses, während im Sopran, wenn die Note des Gesanges sich der charakteristischen Tonhöhe des Vokals nähert, oder sie überschreitet, sämtliche Obertöne viel schwächer ausfallen. Daher sind im Allgemeinen, wenigstens bei den offenen Vokalen, die hörbaren Obertöne des Basses viel zahlreicher, als die des Soprans.

Es bleiben uns noch die künstlichen Zungenwerke, das heißt, die Blasinstrumente aus Holz und Blech. Unter jenen zeichnet sich die Klarinette, unter diesen das Horn durch weichere Klangfarbe ans, während Fagott und Oboe einerseits, Posaune und Trompete. andererseits die schärfsten in der Musik gebrauchten Klangfarben darstellen.

Trotzdem die zur sogenannten Harmoniemusik gebrauchten Klappenhörner einen viel weniger schmetternden Klang haben als die eigentlichen Trompeten mit undurchbrochenem festem Rohre, so ist doch die Zahl und Kraft ihrer Obertöne zu groß für den Wohlklang, namentlich der unvollkommeneren Konsonanzen, und die Akkorde dieser Instrumente klingen sehr rauschend, lärmend und scharf, so daß sie eben nur im Freien zu ertragen sind. In der künstlerischen Musik des Orchesters läßt man daher Trompeten? und Posaunen, die wegen ihrer durchdringenden Kraft nicht zu entbehren sind, meist nur in wenigen und wo möglich vollkommenen Konsonanzen zusammenklingen.

Die Klarinette unterscheidet sich von den übrigen Blasinstrumenten des Orchesters dadurch, daß ihr die geraden Obertöne fehlen, was nicht verfehlen kann, in die Wirkung ihrer Zusammenklänge manche sonderbare Abweichungen zu bringen. Wenn zwei Klarinetten zusammenwirken, so werden alle konsonanten Intervalle, mit Ausnahme der großen Sexte 3:5 und Duodecime 1:3, nur durch Kombinationstöne begrenzt werden. Doch genügen in allen Fällen die Differenztöne erster Ordnung, also die stärksten aller Kombinationstöne, die Schwebungen der verstimmten Konsonanzen hervorzubringen. Daraus folgt, daß im Allgemeinen die Konsonanzen zweier Klarinetten wenig Schärfe haben werden und verhältnismäßig wohlklingend Bein müssen, was auch der Fall ist, ausgenommen die kleine Sexte und kleine Septime, die sich der großen Sexte zu sehr nähern, und die Undecime und kleine Tredecime, die der Duodecime zu nahe kommen. Andererseits, wenn man eine Klarinette mit einer Violine oder Oboe zusammen gebraucht, werden die meisten Konsonanzen merklich verschieden klingen müssen, je nachdem die Klarinette die obere oder untere Note des Zusammenklangs übernimmt. So wird zum Beispiel eine große Terz d' fis' besser klingen müssen, wenn die Klarinette das d' und die Oboe das fis' übernimmt, so daß der fünfte Ton der Klarinette mit dem vierten der Oboe zusammenfällt. Die für die große Terz störenden Paare von Obertönen 3:4 und 5:6 können hier nicht zu Stande kommen, weil der vierte und sechste Ton auf der Klarinette fehlen. Geben wir aber das d' der Oboe, so fehlt dem fis' der Klarinette der koinzidierende vierte Ton, dagegen sind die störenden, der dritte und fünfte, vorhanden. Aus ähnlichen Gründen folgt, daß die Quarte und kleine Terz besser klingen müssen, wenn die Klarinette die obere Note übernimmt. Ich habe Versuche solcher Art angestellt mit der Klarinette und einem scharfen Register des Harmonium, welches gerade Obertöne hat, und welches nach reinen Intervallen gestimmt war, nicht nach gleichschwebender Temperatur. Gab ich auf der Klarinette b an, und spielte auf dem Harmonium dazu es', d', des', so klang die große Terz bd' besser als die Quarte bes', und viel besser als die kleine Terz bdes'. Gab ich dagegen zu demselben Tone der Klarinette auf dem Harmonium nach einander f, ges, g an, so klang die große Terz ges—b rauher, nicht bloß als die Quarte f—b, sondern selbst als die kleine Terz gb.

Dieses Beispiel, auf welches mich rein theoretische Betrachtungen geleitet hatten, und welches sich beim Versuch sogleich als richtig bestätigte, führe ich hier nur an, weil sich daran zeigt, wie die den gewöhnlichen Klangfarben angepaßte Reihenfolge der Konsonanzen sich sogleich verändert, wenn abweichende Klangfarben gebraucht werden.

Das hier Gesagte mag genügen, um zu zeigen, daß auf dem eingeschlagenen Wege die Erklärung für mannigfache Eigentümlichkeiten in den Wirkungen des Zusammenklangs der verschiedenen musikalischen Instrumente gewonnen werden kann. Weiter auf diesen Gegenstand hier einzugehen, verbietet einesteils der Mangel an genügenden Vorarbeiten, namentlich an genaueren Untersuchungen über die einzelnen Abänderungen der Klangfarben, anderenteils würde uns die weitere Verfolgung dieses Weges zu sehr von unserem Hauptziele abführen, und weniger allgemeines als technischmusikalisches Interesse haben.